Sechs Akteure der Telekom Baskets Bonn standen früher bei den HAKRO Merlins Crailsheim unter Vertrag. Grund genug, vor den Finals mal bei den Zauberern nachzufragen, was es dort so für Erinnerungen an die beiden Trainer und die vier Spieler gibt.
Für die HAKRO Merlins Crailsheim ist die Saison 2022/23 auf Platz 13 und mit einem blauen Auge zu Ende gegangen, der Klassenerhalt war angesichts der lange schwelenden Abstiegsgefahr ein Erfolg. Die Finalserie um die Deutsche Meisterschaft werden die Merlins-Fans aber mit besonderem Augenmerk verfolgen, denn: Gefühlt können die Crailsheimer auch Deutscher Meister werden - das Gerüst von Finalist Telekom Baskets Bonn besteht nämlich aus etlichen ehemaligen „Zauberern“! Genauer beschrieben haben über die Saison 2022/23 gesehen vier der fünf besten Scorer der Bonner früher in Crailsheim gespielt.
„Unsere Fans sprechen nicht umsonst von unserem Farmteam in Bonn“, sagt Martin Romig. Auch, wenn es in Bonn wohl eher andersrum gesehen wird, Fakt ist: Der Manager der HAKRO Merlins Crailsheim kennt wie viele in seinem Klub die Bonner Protagonisten nur zu gut. Bonns Headcoach Tuomas Iisalo, dessen Assistent Marko Stankovic, Liga-MVP TJ Shorts, Dreierspezialist Sebastian Herrera sowie die Allzweckwaffen Javontae Hawkins und Jeremy Morgan, sie alle haben ihre Spuren in der fränkischen Kleinstadt hinterlassen.
Als Crailsheim im März 2016 einen gewissen Tuomas Iisalo als neuen Cheftrainer vorstellte, war das quasi aus der Not geboren. Die Merlins standen vor dem Abstieg aus der ersten Liga, ein neuer Impuls sollte für die letzten Monate aber noch einmal gesetzt werden. „Vielmehr aber haben wir einen Trainer gesucht, der mit uns in der ProA einen Neuanfang startet“, erinnert sich Romig. Die Trainerakquise gestaltete sich deprimierend, „niemand wollte sich den Job bei uns antun“, so Romig. In seiner Verzweiflung ließ der Manager seine Kontakte nach Finnland spielen und rief Jukka Kyöstilä an. Kyöstilä ist im finnischen Basketball eine Legende. Bei gemeinsamen Vorbereitungsturnieren lernten er und Romig sich kennen und schätzen. „Er empfahl uns einen jungen Trainer, dem er großes Potenzial bescheinigte - das war Tuomas“, erzählt Romig. Der Rest ist Geschichte: Iilsalo führte Crailsheim im zweiten ProA-Jahr zurück in die erste Liga, schaffte 2018/19 dann den wundersamen Klassenerhalt am letzten Spieltag, war 2019/20 vor dem Corona-Abbruch der Hauptrunde mit seinem Team als Tabellendritter auf Playoff-Kurs und wechselte 2021 schließlich - gemeinsam mit seinem Bruder Joonas als Assistenztrainer - zu den Telekom Baskets Bonn, wo er zweimal in Folge „Trainer des Jahres“ in der easyCredit BBL (2021/22 und 2022/23) und „Trainer des Jahres“ in der Champions League (2022/23) wurde.
Immer an seiner Seite: Assistenztrainer Marko Stankovic. Der stieß im vergangenen Jahr mit seinem Wechsel nach Bonn (wo er den nach Heidelberg abgewanderten Joonas Iisalo ersetzte) wieder zu seinem ehemaligen Chef. Der Serbe arbeitete zuvor fünf Jahre in Crailsheim, vier als Assistant Coach von Tuomas Iisalo. „Ich habe großes Vertrauen in ihn als Trainer, aber auch als Person. Wir betrachten Basketball in einer ähnlichen Art und Weise, und ich weiß, dass Marko diese Ideen auch auf das Spielfeld übertragen kann“, so Iisalos Wertschätzung für den 39-Jährigen, der die Basketballschule von Partizan Belgrad durchlief.
Genau so, wie sich Iisalo und Stankovic als Basketballtrainer in Crailsheim entwickeln konnten, tat dies Sebastian Herrera als Spieler. Als Rohdiamant 2017 vom Zweitligisten Trier zu den Merlins gewechselt, ballerte der Deutsch-Chilene drei Jahre unter Iisalo, ehe er für zwei Jahre für die EWE Baskets Oldenburg spielte. Seit vergangenem Sommer ist er wieder mit dem finnischen Übungsleiter vereint und spielt in Bonn die beste Saison seiner Karriere (9,9 PpG, Dreierquote 38,9 Prozent). „Sebastian ist ein echter Fighter. Wir sind stolz, dass er einen großen Teil seiner Entwicklung in Crailsheim genommen hat“, sagt Martin Romig.
Auch der derzeit beste Spieler der easyCredit BBL und der abgelaufenen Champions League-Saison trug schon das Merlins-Trikot: TJ Shorts verzauberte in der Saison 2021/22 die Fans der Merlins und wurde mit 20,6 Punkten pro Spiel Topscorer der Liga. Eine Brustmuskelverletzung ließ die Saison für ihn persönlich unvollendet. In den beiden Spielen gegen Bonn gab Shorts damals schon sein persönliches Bewerbungsschreiben auf: 23 und 29 Punkte gelangen dem Zauberzwerg damals gegen die Baskets, die er jetzt zum zweiten Titel der Saison führen will. „Wir hatten immer gute Point Guards, ich denke an Trey Bell-Haynes und DeWayne Russell. Aber TJ war noch eine Klasse besser, er war eine brutale Maschine mit absolutem Fokus und Siegeswillen“, erinnert sich Manager Romig an die Auftritte von Shorts im Trikot der Merlins.
Abgerundet wird die Crailsheimer Vertretung am Rhein durch Javontae Hawkins und Jeremy Morgan, die in der Saison 2019/20 zusammen (und auch mit Sebastian Herrera) für die Merlins auf Korbjagd gingen.
Die Frage, wem Martin Romig in der Finalserie die Daumen drückt, erübrigt sich wohl, oder? „Es gibt natürlich gewisse Sympathien, aber letztendlich bin ich da relativ emotionslos, wer den Titel holen soll.“ Eins ist aber klar: „Eine SMS von mir an Tuomas wird es nur geben, wenn er die Meisterschaft holt. Jetzt brauche ich ihm kein Glück zu wünschen, er ist sowieso im Tunnel.“