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Home/Newscenter/„Trash-Talk kann den Unterschied ausmachen“ – Frankfurts Akeem Vargas im BIG-Interview

BIG - Basketball in Deutschland„Trash-Talk kann den Unterschied ausmachen“ – Frankfurts Akeem Vargas im BIG-Interview

07. März 2020
Akeem Vargas ist einer der größten Trash-Talker der Liga. Für den 29-jährigen Guard der FRAPORT SKYLINERS ist das „schmutzige Gespräch“ ein wesentlicher Bestandteil seines Spiels. Gibt es für ihn dabei Grenzen, und welche Rolle spielen die Schiedsrichter?

– David Nienhaus

Akeem Vargas ist einer der größten Trash-Talker der Liga. Für den 29-jährigen Guard der FRAPORT SKYLINERS ist das „schmutzige Gespräch“ ein wesentlicher Bestandteil seines Spiels. Gibt es für ihn dabei Grenzen, und welche Rolle spielen die Schiedsrichter?

Akeem, wie definierst du die Schönheit des Basketballs?

Die Schönheit des Basketballs liegt für mich im Wettbewerb. Ich würde mich als großen Competitor beschreiben – im Training und im Spiel. Alle Jungs, die mittlerweile in Rente sind, vermissen dieses Sich-miteinander-messen, den Wettbewerb, der direkt ausgefochten wird.

Dirk Nowitzki erzählte genau das unlängst. Wer noch?

Ich habe länger mit Sven Schultze drüber gesprochen. Seitdem liebe ich es noch ein bisschen mehr, weil ich weiß, dass es vergänglich ist und es irgendwann zu Ende sein wird. Dann werde ich an anderen Fronten kämpfen müssen, die vielleicht nicht so spaßig sind wie dieser Kampf auf dem Court.

Dieser Kampf ist auch mal dreckig, oder?

Wenn es nicht dreckig ist, ist es auch nicht schön. Es geht ums Gewinnen. Die Amerikaner sagen immer: By any means necessary. Wir Deutschen sind immer sehr nett, was das angeht, wollen immer den nächsten Fairplay-Preis und möglichst viele Schulterklopfer. Damit kann ich mich nicht identifizieren. Ich will gewinnen. Deshalb muss es auch ein bisschen dreckig sein, damit es schön ist. 

Wir sitzen in einem kleinen Raum mit Blick auf den Trainingscourt der SKYLINERS. Akeem fixiert mich mit den Augen, während er spricht. Auch hört er genau zu. Ich bin sein Gesprächspartner. Aber ein bisschen auch sein Gegner für die nächsten 30 Minuten.

Wie dreckig ist Trash-Talk für dich?

Er ist Teil des Spiels und deshalb überhaupt nicht dreckig. Allerdings wird Trash-Talk immer schwieriger, weil die Schiedsrichter der Meinung sind, Trash-Talk unterbinden zu müssen – übrigens sportartenübergreifend. Dabei fehlt mir allerdings völlig der rote Faden.

Welcher rote Faden? 

Es ist total schwierig, im Spiel zu erkennen, was als Trash-Talk sanktioniert wird und was nicht. Hier ist es erlaubt, dort nicht.

Muss Trash-Talk überhaupt sein?

Auf jeden Fall. Er gehört zu jedem kompetitiven Wettbewerb dazu. Ohne Wenn und Aber. Er ist ein wesentlicher Bestandteil meines Spiels.

Würdest du es eher als Kunst oder als notwendiges Übel definieren?

Es kann schon Kunst sein. Wenn man sich die größten Trash-Talker der Geschichte anguckt – Michael Jordan und Kobe Bryant zum Beispiel, Ray Lewis im American Football, Muhammad Ali im Boxen –, die haben das zelebriert, die haben das gelebt. Es ist eine Facette des Spiels, wie auch die mentale und die athletische Seite Facetten des Spiels sind. Die Kunst besteht meiner Meinung nach übrigens vielmehr darin, reden zu können und sein Spiel dadurch nicht zu verlieren. Auf der anderen Seite gibt es auch nur einige wenige, die vollgelabert und dadurch noch besser werden.

Das ist ja fast ein sportpsychologischer Ansatz.

Der prozentuale Teil derer, die durch Trash-Talk ihr Spiel verändern, anfangen nachzudenken, ist nicht unwesentlich. Ich weiß, dass viele Leute Trash-Talk als dreckig abwerten und für den, der ihn betreibt, ein Bad-Boy-Image kreieren wollen. Aber es ist eine wichtige Facette des Spiels, die sogar den Unterschied ausmachen kann, ob man gewinnt oder verliert.

Und wenn man es genau nimmt, ist Trash-Talk sogar biblisch.

Bitte? Wo hast du das denn gehört?

Ich habe es gelesen. Bei David gegen Goliath. Da heißt es von Goliath: „Bin ich denn ein Hund, dass du mit Stecken zu mir kommst? …

… Komm her zu mir, ich will dein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel geben und den Tieren auf dem Felde.“ (lacht) Ich habe das auch gelesen. Aber bislang nicht mit Trash-Talk in Verbindung gebracht.

Auch wenn es nun, sagen wir mal, von ganz oben abgesegnet ist: Gibt es beim Trash-Talk für dich Grenzen?

Die Familie und alles, was neben dem Court ist, ist für mich ganz klar außen vor. Es geht darum, den Gegenspieler zu provozieren. Bei „Arschloch“ und „Dummkopf“ muss man aufpassen, dass die Schiedsrichter es nicht hören, das muss man noch mal gesondert abchecken. Aber so etwas wie: ‚David, du hast fünf Dinger danebengehauen, schieß doch noch mal einen sechsten, du Pfeife.‘ Oder: „Du Lappen.“ (lacht)

Es geht darum, in den Kopf des Gegenspielers zu kommen.

Genau. Es geht darum, ihn aus dem Rhythmus zu bringen. Es ist wie eine taktische Maßnahme des Coaches beispielsweise. Stellt er von Mannverteidigung auf Zone um, sorgt das beim Gegner idealerweise für einen Bruch. Auf das Gleiche zielt es ab, wenn man seinen Gegenspieler 20 Minuten volllabert – nur auf individueller Ebene.

Gib uns mal ein Beispiel.

Wenn du einen sehr guten Passgeber, aber nur mittelmäßigen Schützen dazu bekommst, gegen dich ein paarmal abzudrücken, weil du ihn provoziert hast, hast du deinen Job als Trash-Talker gut gemacht. Er sollte dann natürlich nicht treffen. (lacht)

Bei wem hat das besonders gut funktioniert?

Ich habe mich immer ganz besonders auf die Duelle mit meinem Freund Dru Joyce gefreut. Wir hatten viele tolle Duelle über die Jahre – auch mit vielen interessanten Foul-Geschichten und -Situationen.

Wie sehr hat er den Trash-Talk erwidert?

Er hat sich verbal auf jeden Fall nicht unterbuttern lassen – und das ist für mich auch „the beauty of the game“. Bei Dru war aber häufig das Problem, dass es auch physisch wurde. Er hat sich wegen des Trash-Talks nicht selten zu Dingen hinreißen lassen, die nicht besonders clever waren. (lacht) Das war übrigens fast immer nur in unseren Duellen so, denn sonst ist er nicht besonders durch solche Szenen aufgefallen.

Wie würdest du deinem Sohn den Trash-Talk irgendwann mal erklären?

Ich würde ihm das gar nicht erklären, glaube ich. Er würde es lernen, wenn wir gegeneinander spielen. Ich trashtalke in jedem Spiel, weil ich immer gewinnen will.

Immer?

Immer! Auch wenn ich mit den Jungs im Bus Uno spiele, gibt’s Trash-Talk. Das ist Teil der Competition. Wenn ich irgendwann mal Vater werden darf, wird es zum einen sicher Teil seiner DNA sein. Und zum anderen wird er das spielerisch lernen. (lacht)

Im Basketball, aber vor allem im Fußball ist es mittlerweile ein Reflex, den Mund hinter seiner Hand zu verstecken, wenn man miteinander spricht – aus Angst, Lippenleser könnten eine Schlagzeile erhaschen.

Das ist ein bisschen affig. Aber ich habe auch nicht die Popularität eines Manuel Neuer, der, wenn er mal etwas Böses sagt, gleich auf der Seite eins des Boulevards landet. Vielleicht würde ich das in seiner Situation auch machen, wenn ich seine Reichweite hätte. Vielleicht sind die Jungs aber auch angehalten, das zu machen.

Du hast mit Lamont Jones einen anderen guten Trash-Talker im eigenen Team. Gibt es auch im Training Trash-Talk?

Klar. Gerade eben vor 30 Minuten. Wenn Lamont Jones und ich in unterschiedlichen Teams spielen, auf jeden Fall. (lacht) Practise like you play. Das ist meine Philosophie.

Es ist aber auch so, dass Trainer hin und wieder durch Trash-Talk provozieren. 

Das ist eine sportpsychologische Frage: Wie gut kannst du als Spieler mit Kritik umgehen, wie selbstreflektiert bist du? Mir hat es tatsächlich geholfen, so angestachelt zu werden. Johan Roijakkers – immer noch ein guter Freund von mir – wusste das damals in Göttingen und hat mich gepusht. Er hat mich so gekitzelt, dass ich es ihm jeden Tag zeigen wollte. Das war ein Segen, dass ich zu diesem Zeitpunkt meiner Karriere so einen Coach hatte. Auch später dann mit Sasa Obradovic, der ebenfalls so ein Typ war. Rückblickend waren diese beiden Trainer entscheidend dafür, dass meine Karriere so verlief, wie sie bis heute verlaufen ist.

Inhalt:

Die neue Ausgabe der BIG ist ab sofort im Handel erhältlich! Abonnenten haben sie bereits eine Woche früher im Briefkasten! Außerdem gibt es im Heft noch folgende Themen:

Der große Schiedsrichter-Gipfel. Thema des Monats: Zwei aktive Unparteiische, der Liga-Beauftragte und eine Fan-Vertreterin diskutieren über fehlenden Austausch, Drohungen und Instant Review

Niels Giffey. ALBAs Nationalspieler erklärt das Phänomen March Madness

Mladen Drijencic. Neue Serie „Von Coach zu Coach“: Jens Leutenecker im Gespräch mit Oldenburgs Trainer

T.J. Bray. Bayern Münchens Schlüsselspieler ist nach langer Verletzungspause endlich wieder fit

Louis Olinde. Neues Fragebogen-Format „24 Sekunden“ mit dem Bamberger Forward

Robin Christen. RASTA Vechta: Vom Shootingstar der Playoffs 2019 zum größten Pechvogel der Liga

JobStairs GIESSEN 46ers. Mike Koch ist neuer Geschäftsführer und Sportdirektor – eine anspruchsvolle Aufgabe

Akeem Vargas. Neue Serie „Let’s talk about …“: In der zweiten Folge spricht der Frankfurter Guard über Trash-Talk

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