Freunde des deutschen Schlagers der 1970er Jahre werden sich vielleicht noch an Jürgen Marcus erinnern. 1975 landete der Sänger mit „Auf dem Karussell fahren alle gleich schnell“ auf dem ersten Platz der ZDF-Hitparade (hier das Video dieser Perle der Unterhaltungsmusik). An dieser Aussage gibt es nichts zu rütteln, aber beim Trainerkarussell gibt es unterschiedliche Zeitpunkte, an denen die Übungsleiter auf- oder absteigen. Natürlich ist die Offseason, in der das Fahrgeschäft ruht, der bevorzugte Moment, aber manchmal werden auch während der Spielzeit bei voller Fahrt (mehr oder weniger riskante) Wechselmanöver vollführt. Bevor ich mich noch weiter in schrägen Bildern verliere, komme ich zu den Fakten. Aktuell steht nur noch bei vier Teams der gleiche Coach in der Verantwortung, der diese auch in der Vorsaison trug. Acht Klubs wechselten vor dieser Spielzeit ihren Head Coach und sechs* im laufenden Wettbewerb. Wo hat die Veränderung den gewünschten Erfolg bewirkt und wo nicht?
*Anmerkung der Redaktion: Nachdem John Patrick in Ludwigsburg freigestellt worden ist, wurde die Kolumne an den entsprechenden Stellen aktualisiert.
Vier Mal Kontinuität
Zunächst blicke ich aber kurz auf die vier Basketballlehrer, die über den Sommer hinaus in Amt und Würden geblieben sind. Rodrigo Pastore war 2023/24 der „Trainer des Jahres“. In diese Spielzeit starteten die Chemnitzer durchwachsen, sind aber zuletzt wieder stabiler geworden. Der Argentinier ist seit zehn Jahren in Sachsen und dürfte aufgrund seiner historischen Erfolge eine lebenslange Anstellung haben, sofern er sich dafür entscheidet. Sasa Filipovski hat in Würzburg seit seinem Amtsantritt Ende 2021 eine Basketballeuphorie ausgelöst und sitzt ebenso wie Pastore fest im Sattel. In Braunschweig planen die Verantwortlichen weiter mit Jesus Ramirez (Vertrag bis 2027), der zwischenzeitlich der heißeste Kandidat für die Auszeichnung „Trainer des Jahres“ war, aber nach zuletzt vier Niederlagen diesbezüglich an Boden verloren hat. Benka Barloschky befindet sich in Hamburg zwar keinesfalls auf dem Schleudersitz, muss aber in naher Zukunft dafür sorgen, dass das Programm einen Schritt nach vorne macht.
Acht Mal Wechsel vor der Saison
Die Bayern verpflichteten vor der Saison Weltmeistertrainer Gordon Herbert. Eine Bewertung ist erst am Ende der Spielzeit möglich. Nachdem die Münchner die Titelverteidigung im Pokal verpassten, ist die Meisterschaft Pflicht. Das Abschneiden in der Euroleague wird ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die Ulmer sind zwar im Eurocup bereits nach der Hauptrunde ausgeschieden, aber in der Liga läuft es mit dem zweiten Platz sehr gut, sodass man die erste Saison unter Ty Harrelson mit positivem Vorzeichen versehen darf.
Gleiches gilt für Heidelberg, wo Danny Jansson einen Klub in der Spitzengruppe etablieren konnte, der 2023/24 noch bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg kämpfte. In Vechta hat Martin Schiller die Mannschaft nach einem schwachen Start ins erste Tabellendrittel (aktuell sechster Platz) geführt. Das absolute Top-Rating geht aber an den SYNTAINICS MBC, dessen neuer Coach Janis Gailitis die Weißenfelser zum Pokalsieg führte und in der Liga eine positive Bilanz aufweist. Auch die Rostocker, die 2023/24 erst am letzten Spieltag den Klassenerhalt sichern konnten, würde ich hier nennen. Die Mannschaft von Przemyslaw Frasunkiewicz wirkt stabiler und ist erst wegen mehrerer verletzungsbedingter Ausfälle nach zuletzt 1-4 Siegen im Kampf um die Postseason leicht zurückgefallen.

Für die etablierten Klubs aus Bamberg und Ludwigsburg fällt das Zwischenfazit gemischter bzw. schlechter aus. Anton Gavel dürfte in Oberfranken wohl die Postseason verpassen. Der Fan-Liebling, der 2023 Ulm sensationell zur Meisterschaft führte, wird aber auch wegen des erreichten Pokalfinales zurecht nicht in Frage gestellt. Dahingegen ist in Ludwigsburg Feuer unter dem Dach. Das Team ist im viertklassigen FIBA Europe Cup im Viertelfinale ausgeschieden, macht in der easyCredit BBL ligaweit die wenigsten Punkte (74,7) und hat mit 25,4 Prozent (179/704) eine historisch schlechte Dreierquote. Und neben der aktuellen Ergebniskrise mit drei Niederlagen in Serie soll es auch atmosphärische Störungen geben, sodass über eine Trennung von John Patrick, der erst vor der Saison nach einem zweijährigen Japan-Intermezzo zurückgekehrt war, spekuliert wird. (Nachdem die Kolumne veröffentlicht worden ist, wurde John Patrick freigestellt).
Fünf Mal Wechsel in der Saison
In Göttingen ist der Trainerwechsel verpufft. Unter Mikko Riipinen zeigte das Schlusslicht zwar gute Ansätze, verlor aber trotzdem alle zehn Partien. In Frankfurt steht der neue Head Coach Klaus Perwas unter keinerlei Druck. Der Klassenerhalt ist nur noch theoretisch in Gefahr, sodass er als einziger „Feuerwehrmann“ keine Resultate abliefern muss. In Oldenburg, Berlin und Bonn sollen die neuen Coaches ihre Mannschaften in die Postseason führen. Mit sieben Siegen aus den letzten zehn Begegnungen ist Mladen Drijencic in Oldenburg auf einem guten Weg. Pedro Calles, sein Vorgänger an der Hunte, ist mittlerweile Cheftrainer in Berlin und musste nach gutem Start am Sonntag gegen Würzburg den ersten Rückschlag hinnehmen. Marko Stankovic hat in Bonn bislang nur drei von sieben Begegnungen gewinnen können. Am Rhein und an der Hunte müssen es am Ende zumindest die Play-Ins sein, an der Spree allermindestens die Playoffs (wie in den 24 Saisons zuvor auch). Daran werden die drei Coaches gemessen werden.
Kochs Nachschlag
Das Rennen um die Auszeichnung als Trainer des Jahres ist natürlich noch genauso eng wie die Tabelle, aber wenn ich heute entscheiden müsste, würde ich aus meinem Anwärter-Quintett als Favoriten Heidelbergs Danny Jansson benennen – vergangene Saison mit Tübingen abgestiegen und nun mit einem Klub, der auch fast abgestiegen wäre, auf dem vierten Platz.
Sollte es im letzten Drittel der Saison noch einen weiteren Trainerwechsel geben, sind die Einflussmöglichkeiten eines neuen Coaches in dieser späten Saisonphase begrenzt. Er muss Kompromisse eingehen und verstehen, dass er eine erfolgversprechende Balance zwischen Bewährtem und eigenen Impulsen finden sollte. Bringt er zu viel Neues ins Team, stottert der Motor unter Umständen noch heftiger, als er es ohnehin schon tut. Übernimmt er fast alles, entwickelt er kein Profil und versäumt es, die Mannschaft mit neuen Reizen zu versorgen.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".