Gerüchten zufolge soll Ulms Meistertrainer Anton Gavel im Sommer nach Bamberg wechseln. Dort hat er als Spieler vier Meisterschaften und drei Pokalsiege geholt, aber aktuell ist Ulm der erfolgreichere Klub. Dazu hat man in Ulm an Bamberg keine guten Erinnerungen, immerhin wurden im vergangenen Jahrzehnt in der Postseason zwei Finalserien (2012 und 2016) und ein Halbfinale (2015) jeweils per 0:3-Sweep gegen den Klub aus dem Frankenland verloren. Und nun will Gavel angeblich genau dorthin wechseln? Natürlich treibt das die Fans vom Deutschen Meister ratiopharm ulm um und verständlicherweise ein großer Aufreger diese Woche – und Anlass genug die spektakulärsten Trainerwechsel in der Geschichte unserer Liga zu beleuchten. Dabei gab es Headcoaches, die an neuer Stätte sensationelle Erfolge gefeiert haben, aber auch welche, die schnell wieder weg waren:
Svetislav Pesic: Berlin – München
Svetislav Pesic baut von 1993 bis 2000 ALBA BERLIN zum Dominator der Liga auf. 2012 wird er von Sohn Marko zum neuen Berliner Erzfeind nach München geholt. Im Jahr darauf werden mit Heiko Schaffartzik, Yassin Idbihi, Nihad Djedovic und Deon Thompson vier Leistungsträger aus Berlin weggelockt. 2014 führt Pesic Senior die Bayern zur Meisterschaft! Der erste Titel des Klubs seit 46 Jahren (Pokalsieg 1968) und das auch noch in Berlin, Schaffartzik verbeugt sich, aber die Hauptstadt war nicht amüsiert!

Gordon Herbert: Frankfurt – Berlin
Der aktuelle Weltmeister-Trainer Gordon Herbert wird 2004 mit Frankfurt Deutscher Meister und entthront damit ALBA BERLIN ab (sieben Titel in Folge). Anschließend wechselt er ins Ausland, kehrt 2010 kurz vor den Playoffs als Heilsbringer nach Frankfurt zurück, schaltet im Viertelfinale Berlin aus und verliert 2011 erst im fünften Halbfinale gegen Berlin. Aber dann wechselt er nicht nur zu den Albatrossen, sondern nimmt auch noch Liga-MVP DaShaun Wood mit. Die SKYLINERS-Fans toben. Im Gegenzug kommt Berlins Trainer Muli Katzurin nach Frankfurt, aber Erfolg haben beide nicht: Herbert scheidet im Viertelfinale gegen Aufsteiger Würzburg aus, Katzurin erreicht mit Frankfurt nicht mal die Playoffs – beide werden nach einer Saison wieder entlassen.
Terry Schofield: Göttingen – Bamberg
Der ASC Göttingen feiert in den Achtzigern als Studententruppe drei Meisterschaften und zwei Pokalsiege, alle unter Trainer Terry Schofield, der zuvor bereits Spieler in Göttingen war. Als sich der Klub 1988 aus wirtschaftlichen Gründen aus der Bundesliga zurückzieht, wechselt Schofield nach Bamberg. In seiner ersten Saison wird er fast entlassen, da er einen BBL-Sieg wie in Göttingen üblich mit einer Kneipentour feiert. 1992 holt er mit dem Pokalsieg Bambergs ersten Titel. 1994 bricht er auf der Trainerbank bewusstlos zusammen, zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Basketball zurück und geht wieder nach Göttingen, wo er als Hochschullehrer arbeitet.

Stefan Koch: Gießen – Frankfurt
1999 geht die BBL-Lizenz von Rhöndorf nach Frankfurt, wodurch in der Metropole ein neuer Bundesliga-Standort entsteht – ein „Retortenclub“, wie die Sport-Puristen kritisieren. Verschärfend wird als erster Trainer Stefan Koch verpflichtet. Der ist zu dem Zeitpunkt Trainer beim MTV Gießen, stammt aus dem nur 15 Kilometer entfernten Lich und hat es mit dem Traditionsklub gerade bis ins Pokalfinale geschafft. Sein Wechsel begründet die bis heute große Rivalität der beiden hessischen Klubs. Mit Frankfurt wird er 2000 auf Anhieb Pokalsieger und als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Kurios: 2004 wird Koch wieder von Gießen verpflichtet und hievt den Klub 2005 sensationell bis ins Halbfinale und wird erneut Trainer des Jahres.
Chris Fleming: Quakenbrück –Bamberg
Chris Fleming ist von 1994 bis 2008 als Spieler und Trainer bei den Artland Dragons und wird 2008 mit dem kleinen Quakenbrück sensationell Pokalsieger. Danach wechselt er nach Bamberg, holt von 2010 bis 2012 drei Mal das Double (sowie die Meisterschaft 2014), wird anschließend Bundestrainer und arbeitet aktuell in der NBA als Co-Trainer der Chicago Bulls. In Quakenbrück, wo er seine Frau Anne kennenlernte, wird er bis heute gerne gesehen.

Laszlo Lakfalvi: Gießen – München
Der MTV Gießen gewinnt 1867 und 1968 in den ersten beiden BBL-Saisons die Meisterschaft und 1969 den Pokal – jeweils unter dem ungarischen Trainer Laszlo Lakfalvi. 1970 aber wechselt der Erfolgstrainer zum reichen USC München, um die dortige Startruppe um Holger Geschwindner zu coachen. Beim ersten Spiel in Gießen fliegen Bierbüchsen aufs Feld. Lakfalvi wird in München sesshaft, aber einen weiteren Titel gewinnt er nicht.
Predrag Krunic: Bonn – Oldenburg
Predrag Krunic, aktuell MBC-Headcoach, ist von 1998 bis 2005 erst Co-Trainer und ab 2001 Headcoach in Bonn. Dann unterschreibt er 2007 in Oldenburg und gewinnt mit den Donnervögeln die legendäre Finalserie von 2009 in den letzten Sekunden des fünften Finales – und das gegen Bonn, das dadurch zum fünften Mal und diesmal besonders dramatisch nur Vizemeister wird. Trotzdem wird Krunic von 2016 bis 2019 ein zweites Mal Cheftrainer in Bonn.

John Patrick: Würzburg – Ludwigsburg
John Patrick kommt 2010 aus Göttingen als zweifacher Trainer des Jahres nach Würzburg und führt den Aufsteiger sensationell bis ins Halbfinale. Trotzdem wird sein Vertrag nicht verlängert. Er unterschreibt 2013 in Ludwigsburg und begründet dort mit der aggressiven Spielweise seiner Teams eine Erfolgsära. Bis 2022 erreicht der Klub in acht von neun Jahren die Playoffs, steht 2020 beim Final-Turnier im Endspiel gegen Berlin und die beiden Jahre darauf im Halbfinale. 2018 und 2022 führt „JP“ die MHP RIESEN zudem ins Halbfinale der Champions League und wird in der Champions League (2018) und in der Bundesliga (2021) als Trainer des Jahres geehrt. 2022 wechselt er nach Japan.