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Home/Newscenter/Auf dem Weg zum Most Valuable Player: Wie Merlins-Guard Trae Bell-Haynes die Liga verzaubert

Kochs NachschlagAuf dem Weg zum Most Valuable Player: Wie Merlins-Guard Trae Bell-Haynes die Liga verzaubert

05. Februar 2021
Er macht die meisten Punkte, gibt die meisten Assists, zieht die meisten Fouls und ist effektivster Spieler der Liga: Wie sich Crailsheims Trae Bell-Haynes bei seinem zweiten Engagement in der easyCredit BBL neu erfunden hat.

– Stefan Koch

Er macht die meisten Punkte, gibt die meisten Assists, zieht die meisten Fouls und ist effektivster Spieler der Liga: Wie sich Crailsheims Trae Bell-Haynes bei seinem zweiten Engagement in der easyCredit BBL neu erfunden hat.

Wenn ein Außenseiter mit kleinem Budget im zweiten Jahr in Folge ganz oben mitmischt, obwohl er im Vergleich zur Vorsaison seine Ausländerpositionen komplett neu besetzen musste und seinen besten deutschen Akteur (Sebastian Herrera) verloren hat, ist ein solches Phänomen natürlich nicht nur an einem Spieler festzumachen. Die HAKRO Merlins Crailsheim bestechen auch in dieser Spielzeit mit attraktivem Teambasketball und sensationellen Ergebnissen. Am Sonntag entführten sie die Punkte aus München, wo sie den zugegebenermaßen hochbelasteten und personell geschwächten Euroleague-Teilnehmer aus der bayrischen Landeshauptstadt mit 105:103 nach Verlängerung niederrangen (Video rechts). Auch in diesem Spiel, in dem die Merlins die schwere Verletzung von Tim Coleman verkraften mussten (Schienbeinbruch), griffen viele Rädchen ineinander, aber es gab auch wieder einen Spieler, der herausragte: Trae Bell-Haynes.

Der Kanadier lieferte eine weitere Topleistung ab, 31 Punkte und elf Assists wurden am Ende für ihn notiert. In den gut 36 Minuten, die er auf dem Feld stand, erzielten die Merlins 23 Punkte mehr als die Bayern! Und als Sahnehäubchen traf er auch noch den Gamewinner gegen James Gist, den die Bayern in der Schlussphase nicht nur nach Switches gegen ihn stellten, sondern teilweise direkt auf Bell-Haynes ansetzten, um ihn mit Länge und Athletik aus dem Rhythmus zu bringen.

Überraschender MVP-Kandidat

Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, dass ich Anfang Februar einen Nachschlag über den MVP-Kandidaten Trae Bell-Haynes schreiben würde, hätte ich dies als höchstunwahrscheinlich abgetan. Ich hatte noch den Spieler vor Augen, der 2018/19 unscheinbare 15 Partien für die FRAPORT SKYLINERS absolviert hatte. Dabei kam der heute 25-Jährige selten über gute Ansätze hinaus (6,1 Punkte und 2,6 Assists). Auffallend war vor allem, dass der Dreier fast keine Bedeutung in seinem Spiel hatte. Vergangene Saison in Finnland lieferte er mit 12,9 Punkten und 4,8 Assists auch nicht gerade Brüllerstatistiken ab, obwohl er (von der Bank kommend!) eine wichtige Rolle einnahm.

In dieser Spielzeit ist der schnelle Spielmacher aber förmlich explodiert: Das Kunststück aus dem Bayern-Sieg (30 Punkte oder mehr und dazu mehr als zehn Assists) gelang ihm Ende November bereits beim 101:95 gegen Bamberg (Video rechts). Seine 20,5 Punkte im Schnitt sind Ligabestwert genauso wie seine 8,1 Assists. Kein Spieler kommt häufiger an die Freiwurflinie als der Crailsheimer Guard (mehr als acht Mal pro Begegnung), der seine Gelegenheiten dort zu 89,1 Prozent in Zählbares ummünzt und trotz seines schmächtigen Körperbaus bei optimistisch vermessenen 1,88 Meter als zweitbester Rebounder seines Teams glänzt. Bell-Haynes ist auch der effektivste Spieler der Liga und hat seine Low-Budget-Merlins in der Spitzengruppe der Liga etabliert. Es gibt also genügend Argumente, die ihn zu einem legitimen MVP-Kandidaten machen.

Seine Stärken und seine Rolle im Spiel der Merlins

Trae Bell-Haynes ist der Dreh- und Angelpunkt im Crailsheimer Spiel. Natürlich zeichnet ihn sein Speed aus. Noch wichtiger ist aber, dass der Motor der Merlins gute Entscheidungen trifft, die ihn zu einem hocheffizienten Spieler machen. Sein Zug zum Korb ist elitär gut, und mit seinem Floater hat er dabei einen Pfeil im Köcher, den nur wenige Akteure abschießen können. Er ist definitiv mehr ein Driver als ein Werfer, aber sein Dreier fällt mit 42 Prozent so gut, dass er respektiert werden muss und ihm und seinen Mitspielern zusätzliche Optionen eröffnet.

Für sein Spiel benötigt Bell-Haynes Platz, den ihm das Spacing der Crailsheimer bietet. Mit Boggy Radosavljevic steht ein Center als Pick-and-Roll-Partner zur Verfügung, der Gefahr von der Dreipunktelinie ausstrahlt und als Stretch-Fünfer agieren kann. Das schafft Raum in der Zone für den Guard. Crailsheim spielt quasi mit vertauschten Rollen. So sagt es jedenfalls Coach Tuomas Iisalo mit einem Augenzwinkern. Schützen wie Elias Lasisi und Moe Stuckey sorgen ebenfalls dafür, dass die Verteidigung nicht zu stark gegen die Drives des Kanadiers absinken kann. Defensiv hat Bell-Haynes noch Luft nach oben. Aber da Iisalo seine Arbeitseinstellung lobt, dürften auch hier Fortschritte nur eine Frage der Zeit sein.

Kochs Nachschlag

Der finnische Coach der Hohenloher ist nicht nur im taktischen Bereich ein innovativer Mann, sondern auch bei der Spielerrekrutierung. Bereits vor der Saison 2019/2020 dachte er nach Rücksprache mit Gordie Herbert über Trae Bell-Haynes nach. Er suchte aber eher einen Combo-Guard, der auch neben DeWayne Russell spielen konnte und entschied sich deshalb für Jan Span. Letztendlich empfahl er Bell-Haynes nach Finnland zu den Helsinki Seagulls, wo er seine Entwicklung akribisch mitverfolgte. Nach seiner Vertragsverlängerung bei den Merlins im Sommer des vergangenen Jahres verpflichtete Iisalo als erste Amtshandlung seinen neuen Spielmacher. Eine Entscheidung, die sich für beide Seiten gelohnt hat!

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.