Die Bayern haben Spencer Dinwiddie verpflichtet, der zuvor 494 Spiele in der NBA absolviert hat. Ist der 32-jährige Combo Guard der namhafteste NBA-Profi, der aus der besten Liga der Welt in die deutsche Beletage gewechselt ist? Um das zu beurteilen, werfen wir hier im ersten Teil einen Blick auf die ersten gut drei Jahrzehnte der Bundesliga.
Zwölf Spielzeiten in der NBA, dabei fast 28 Minuten pro Partie auf dem Parkett gestanden und in der Saison 2019/20 im Schnitt über 20 Punkte erzielt: Spencer Dinwiddie, der am Montag mit dem FC Bayern München Basketball gegen Heidelberg sein BBL-Debüt feierte, ist einer der größten Namen auf der Liste der ehemaligen NBA-Profis, die den Weg nach Deutschland fanden. Doch wer waren seine Wegbereiter? Dieser Nachschlag erhebt diesbezüglich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber ich möchte schon einige von Dinwiddies wichtigsten Vorgängern in Erinnerung rufen. Dabei beschränke ich mich auf Spieler, die vor ihrem Engagement in Deutschland in der NBA auf Korbjagd gingen und nicht danach. Der Aufruf des Namens beim Draft, die Teilnahme an der Summer League oder an Vorbereitungsspielen reicht nicht aus, um als NBA-Spieler zu gelten. Einsätze in der regulären Saison oder in Playoffs sind die Voraussetzung für diesen Status. Trotz dieser Einschränkungen bin ich auf eine solche Vielzahl an Spielern gestoßen, dass ich zwei Nachschläge zu diesem Thema schreibe.

Ralph Ogden war der Pionier
Wenn wir nach den ersten ehemaligen US-Profis in Deutschland Ausschau halten wollen, müssen wir uns auch vor Augen führen, dass wir eine Zeit zurückreisen, in der es neben der NBA auch die ABA gab. Aber wir wollen uns auf die Liga konzentrieren, die sich letztendlich durchsetzen konnte und auch schon damals die wichtigere war. Dennoch will ich den ersten ABA-Profi in Deutschland nicht verschweigen. Tony Koski wurde 1972 vom MTV 1846 Gießen verpflichtet. 1968/69 hatte der Center fünf Spiele bei den New York Nets bestritten, die später als einer von vier ABA-Clubs in die NBA wechselten. Befragt man die Altvorderen nach Koski, wird gerne erzählt, dass er in einem Spiel gegen Hagen Jimmy Wilkins, den legendären Guard der Westfalen, beim Drive zum Korb recht rüde gestoppt haben soll. Danach solle er seinem Kontrahenten aufgeholfen und mit sanfter Stimme mitgeteilt haben: „Wenn Du noch einmal in die Zone penetrierst, bist Du ein toter Mann.“
Im gleichen Jahr wie Koski kam auch Ralph Ogden nach Deutschland, den ich vor mehr als 30 Jahren auch persönlich kennenlernen durfte. Er war der Prototyp des entspannten Kaliforniers. Ralph hatte tatsächlich in der NBA gespielt. In der Saison 1970/71 stand der Flügelspieler in 32 Begegnungen für die San Francisco Warriors auf dem Parkett und markierte dabei 1,3 Zähler pro Partie. 1972 stieß Ogden zum VfL Osnabrück und spielte bis 1985 in Deutschland. Danach arbeitete er als Trainer und Funktionär in Oldenburg, Wolfenbüttel und Hagen. In dieser Zeit stand er aber immer noch selbst unter den Körben und gewann 19 Titel bei Deutschen Oldie-Meisterschaften! Ralph Ogden war 1972 der erste Profi mit NBA-Erfahrung in der Bundesliga, wie er auch in einem TAZ-Interview bestätigte. Welche Entwicklung der Basketball mittlerweile in Good Old Germany genommen hat, belegen die Akteure, die ihm folgten.

Die NBA am Rhein
In den 1980er Jahren pumpte der Unternehmer Fritz Waffenschmidt jede Menge Geld in „seinen“ BSC Saturn Köln. Zu den gehobenen Ansprüchen gehört in Johnny Neumann auch ein Basketballer mit NBA-Vergangenheit. Der 1,99 Meter große Flügel spielte die Saison zuvor in Italien, nachdem er in 83 Spielen für die Buffalo Braves, Los Angeles Lakers und Indiana Pacers aufgelaufen war. Neumann, der leider schon 2019 an einem Hirntumor verstarb, konnte scoren, obwohl er immer ein wenig übergewichtig und pummelig wirkte. Außerdem pflegte er bewusst sein Image als US-Boy, weshalb er auch immer Cowboystiefel trug. Nach seiner aktiven Zeit arbeitete er als Coach in Nordamerika, Europa und Asien.
Sein Landsmann Bryan Warrick kam 1987 in die Domstadt. Nach dem Titelgewinn mit den Kölnern beendete er im Alter von nur 28 Jahren seine Karriere. In der NBA hatte er das Trikot von vier verschiedenen Franchises getragen. Warrick brachte mit seiner Athletik und seinem Tempo ideale Voraussetzungen für den Hochgeschwindigkeitsbasketball unter Coach Tony DiLeo mit. Der Point Guard scorte selbst und fütterte Stephan Baeck und Mike Jackel mit fantastischen Pässen im Fast Break. Bryan Warrick brachte erstmals auch NBA-Flair im Spielstil in die Bundesliga. Dank ihm war Köln eine der spektakulärsten Mannschaften in Europa.
Auf die Kölner Meisterschaft folgten der Titel von Steiner Bayreuth und dann sieben Leverkusener Erfolge unter Dirk Bauermann. Dabei hatten die „Riesen vom Rhein“ in Clinton Wheeler, der ähnlich wie Warrick einen für Deutschland bis dato unbekannten Speed mitbrachte, Tom Garrick und Chris Corchiani immer NBA-erfahrene Spielmacher im Kader. Aber auch die Punktesammler auf der Forward-Position, Kannard Johnson und Tony Dawson, waren zuvor in der besten Liga der Welt aktiv gewesen.

Zwei Pokaltriumphe und ein Olympiasieger
Mit dem Bayer-Werk im Rücken hatten die Rheinländer entsprechende finanzielle Möglichkeiten. Deshalb ist es auch im Nachhinein noch überraschend, dass in Bernard Thompson Mitte der 1990er Jahre ein Basketballer mit 206 NBA-Einsätzen bei den überschaubar betuchten Trierern anheuerte und maßgeblich an zwei Pokalsiegen beteiligt war. Während der Linkshänder an der Mosel zur Institution wurde, gab Leon Wood in Gießen nur ein Intermezzo. 1984 bildete er mit Michael Jordan den Starting Backcourt der amerikanischen Olympiamannschaft und wurde im gleichen Jahr an zehnter Stelle gedraftet. 1991 spielte er kurzzeitig für die Hessen und begeisterte dabei die Fans.

Kochs Nachschlag
Es ist durchaus üblich, dass erfolgreiche Spieler später als Coaches arbeiten, weil sie von dem Spiel, das sie lieben, nicht mehr loskommen. Gießens Leon Wood beschritt aber einen anderen Weg. Er kehrte als Referee in die NBA zurück. Bereits fünf Jahre nach seinem Gastspiel in Deutschland startete er seine Karriere als Schiedsrichter in der besten Liga der Welt.
Im zweiten Teil über NBA-Profis in Deutschland wird es um die wichtigsten Akteure in diesem Jahrtausend gehen – und die drei deutschen Profis, die erst in der NBA und dann in der Bundesliga gespielt haben.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".



















