Nach einer zweieinhalbwöchigen Pause, die wir mit dem sensationellen Pokalsieg des SYNTAINICS MBC und der erfolgreichen EM-Qualifikation der Nationalmannschaft unterhaltsam überbrücken konnten, nimmt die Liga am Freitag mit einem echten Knüller wieder ihren Spielbetrieb auf.
Der Dritte des Klassements, ratiopharm ulm (13:6), empfängt mit den Basketball Löwen Braunschweig (14:6) den Zweiten (das Hinspiel ging mit 98:89 an die Niedersachsen). Dass die Bayern (13:5) ganz oben stehen und auch Ulm wieder eine gute Rolle spielen würde, überrascht nicht so sehr, aber die Niedersachsen hatten nur wenige Beobachter auf dem Zettel. Ich klopfe mir an dieser Stelle verstohlen auf die Schulter, weil ich zu dieser kleinen Gruppe zähle. Ulm und Braunschweig haben Verbindungen und Parallelen. So war Nils Mittmann, der Geschäftsführer der Niedersachen, ebenso wie sein Head Coach Jesus Ramirez (2011-2017 Assistent von Thorsten Leibenath) an der Donau tätig. Beide Klubs möchten in besonderem Maße Talente fördern und arbeiten mit deutschen NBA-Stars zusammen. Während Isaiah Hartenstein im Laufe dieser Saison als Investor beim Deutschen Meister von 2023 einstieg, hat Dennis Schröder seinen Heimatklub in den letzten Jahren mit seinem finanziellen Engagement über Wasser gehalten und fungiert mittlerweile als Hauptgesellschafter. Neben seinem monetären Beitrag bringt sich der 31-Jährige ein, wenn es um Neuverpflichtungen geht und greift dann auch zum Telefon, um einen Kandidaten letztendlich zu überzeugen.
An beiden Enden des Feldes top
Nach einem durchwachsenen Saisonstart sind die Löwen durchgestartet und haben zwölf ihrer letzten 14 Begegnungen gewonnen! Damit sind sie das heißeste Team der Liga. Die Siegesserie startete unmittelbar nach dem Ausscheiden im FIBA Europe Cup, dem kleinsten europäischen Vereinswettbewerb. Zu Beginn der vergangenen Spielzeit hatte Nils Mittmann gesagt: „Wir müssen attraktiver werden und mittelfristig auch in einem europäischen Wettbewerb spielen.“ Innerhalb der nächsten drei Jahre sollte dieses Ziel realisiert werden. Es gelang ad hoc, aber das Vorrundenaus Mitte November war ebenso bitter wie unnötig. Notgedrungen folgte die volle Konzentration auf das nationale Geschäft, und damit kam die Mannschaft so richtig auf Touren.
Derzeit liefern die Braunschweiger an beiden Enden des Feldes überragende Zahlen ab. Die Verteidigung ist eine der besten der Liga. Die hungrigen Raubtiere verzeichnen die zweitmeisten Ballgewinne und blocken die meisten Würfe. Während es defensiv von Anfang an funktionierte, brauchte die Offensive Zeit. Nachdem den Niedersachsen in den ersten 13 Partien lediglich knapp über 78 Punkte gelungen sind, waren es in den letzten sieben 95 im Schnitt. Darunter waren großartige Siege wie die 103:70-Packung gegen Vechta (bei der mit Ferdinand Zylka und Sananda Fru zwei deutsche Leistungsträger dominierten) oder das 95:83 in Chemnitz (wo das Guard-Trio Arnas Velicka, TJ Crockett und Barra Njie voranging). Die höhere Punktausbeute kommt unter anderem durch ein verbessertes Umschaltspiel zustande. Braunschweig läuft deutlich mehr Fast Breaks als zum Saisonstart, auch weil das Problem beim Rebound gelöst wurde. Der Februar war bislang der beste Saisonmonat. Drei Siege bei drei Spielen, das beste Offensiv-Rating (127,7!) und das drittbeste Defensiv-Rating (102,5) der Liga stehen zu Buche und ergeben das mit Abstand beste Net-Rating. An den Brettern (57 Prozent Rebound-Quote) ist in diesem Zeitraum ebenfalls kein Team besser als die Braunschweiger.
Auszeichnungen für Ramirez und Fru? Die Löwen durchlaufen einen Reifeprozess, den auch die Auswärtsstärke dokumentiert. Das Team von Jesus Ramirez verfügt in fremden Hallen über Resilienz und weist deshalb die beste Auswärtsbilanz (sechs Siege, drei Niederlagen) der Liga auf. Der Spanier, dessen Arbeitspapier bis 2027 verlängert wurde, hat einen riesigen Anteil am Erfolg und darf als der heißeste Kandidat für die Auszeichnung zum Trainer des Jahres gelten. Zu den Schlüsselfiguren in seiner Mannschaft gehören die beiden unterschiedlichen Spielmachertypen Arnas Velicka und Barra Njie. Der 25-Jährige Velicka verfügt für sein Alter schon über viel Erfahrung, während der ein Jahr jüngere Njie über den wahrscheinlich besten Tempowechsel der Liga verfügt und mit seiner Geschwindigkeit dem Hauptgesellschafter seines Klubs Konkurrenz machen könnte.

Von den deutschen Spielern muss Sananda Fru an erster Stelle genannt werden. Der 21-jährige Center ist mit einer Armspannweite von 2,25 Meter ausgestattet, ein beweglicher Verteidiger und verfügt über eine Perspektive, die fraglos über die Bundesliga hinausgeht. Bei dem verdienten Hype um Johann Grünloh und Hannes Steinbach kommt Fru etwas zu kurz. Er ist aber immer noch jung genug für die Auszeichnung zum besten Nachwuchsspieler und muss angesichts des höchsten Effektivitätswerts aller einheimischen Akteure unbedingt in Betracht gezogen werden.
Insgesamt sind die Löwen, bei denen kein Spieler älter als 29 Jahre ist, aber ein ausgeglichenes Team ohne Stars. Mit Crockett (13,1), Velicka (13,1), Njie (11,7), Luka Scuka (11,3), Fru (11,3) und Tre Mitchell (10,3) punkten sechs Spieler zweistellig. Und Zylka (9,4), liegt nur knapp darunter. Der 26-Jährige konnte bei seinen drei vorherigen Bundesligastationen nie Fuß fassen und kam über den Umweg Belgien zurück nach Deutschland, wo er sich in seiner zweiten Saison in Braunschweig jetzt etabliert hat.
Kochs Nachschlag
Es ist das beste Braunschweiger Team seit vielen Jahren, das völlig zurecht in der Spitzengruppe mitmischt. In der vergangenen Saison hatten die Löwen mit einem Auge auf die Play-Ins geschielt, am Ende mussten sie aber als Zwölfter nach der Hauptrunde die Segel streichen. Dieses Jahr spricht vieles dafür, dass der Verein von Dennis Schröder auch in der entscheidenden Saisonphase noch im Wettbewerb sein wird.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.