Nach einem Trainerwechsel werden die Karten neu gemischt. Entsprechend war die Basketballnation gespannt, wen Alex Mumbru für seine ersten beiden Spiele als Bundestrainer in den Zwölferkader berufen würde. Natürlich ist es „nur“ ein EM-Qualifikationsfenster ohne die NBA-Profis und mit nur sehr bedingter Verfügbarkeit der Euroleague-Spieler. Aber dennoch gab es für die Begegnungen mit Schweden überraschende Personalien, über die diskutiert wird, allen voran Tibor Pleiß und Dylan Osetkowski.
Vom ursprünglichen 19er-Kader mussten Kostja Mushidi und Kenny Ogbe absagen, und am Mittwoch wurden Joshua Obiesie und Max DiLeo aussortiert. Mit Jack Kayil, Elias Baggette, Joel Aminu, Nicholas Tischler, Kay Bruhnke, Dylan Osetkowski und Johann Grünloh könnten insgesamt sieben der verbliebenen Akteure ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft feiern.
Die drei nominierten Euroleague-Spieler mit Weltmeister Andreas Obst an der Spitze und den beiden Berlinern Jonas Mattiseck und Louis Olinde kommen aufgrund ihrer Auftritte in der Königsklasse für die Partie am Freitag (18.30 Uhr in Stockholm) nicht in Frage. Ihr Mitwirken am Montag (19.30 Uhr in Heidelberg) ist für mich nur vorstellbar, wenn sie entweder selbst den unbedingten Wunsch äußern oder die Leistung der Mannschaft am Freitag (zu) viele Wünsche offenlässt.
Grünschnäbel auf den Außenpositionen
Ohne die etablierten Platzhirsche wird es sehr interessant werden, wie Mumbru die Minuten auf der Spielmacherposition verteilt. Elias Baggette entspricht am ehesten dem Profil eines klassischen Point Guards, während Nelson Weidemann und Jack Kayil eher Richtung Combo tendieren. Dennoch sehe ich sie als die bevorzugten Optionen. Dafür spricht ihre größere Athletik, die vor allem defensiv ausschlaggebend sein kann. Der erst 18-Jährige Kayil, der vor der Saison zum serbischen Ausbildungsklub Mega Basket wechselte, ist ein hochspannender Spieler und besitzt die wahrscheinlich beste Perspektive eines deutschen Guards seit Dennis Schröder.
Auf den Flügelpositionen muss David Krämer den Großteil der Scoring-Last schultern. Der Weltmeister spielt bislang eine starke Saison auf Teneriffa, und rangiert mit seinem Team bei nur einer Niederlage auf dem zweiten Platz der spanischen ACB. Nicholas Tischler bringt Energie, Athletik und Defense, während Joel Aminu über ein gutes Allround-Skillset verfügt. Mit 27 Lenzen ist der Vechtaer ein Spätberufener. Er stand nie in einer Jugendauswahl des DBB und noch nicht einmal in einer Landesauswahl! Entsprechend darf man seine Berücksichtigung durchaus als unerwartet bezeichnen. Noch überraschender ist für mich die Personalie Kay Bruhnke. Ich wusste noch, dass er nach dem Bayreuther Abstieg nach Litauen gewechselt war, hatte aber nicht auf dem Schirm, dass er mittlerweile dort in seiner zweiten Saison knapp 17 Punkte mit ganz starken Quoten auflegt!
Routiniers auf den Innenpositionen
Mit Weltmeister Johannes Thiemann und dem EM-Bronzemedaillengewinner Christian Sengfelder ist der Kader bei den Power Forwards exzellent aufgestellt. Hut ab vor J.T., der als Kapitän fungieren wird und für dieses Fenster schon vergangene Woche aus Japan anreiste. Das sollte sicherstellen, dass die Zeitumstellung und der Reisestress keine negativen Faktoren sein werden.
Der 19-jährige Johann Grünloh war schon einmal nominiert, kam dabei aber nicht zum Einsatz – und ist meiner Meinung nach auch jetzt für die Spiele gegen Schweden lediglich der dritte Center, sodass es mit dem Debüt eng werden könnte. Neben dem Trainerdebüt von Mumbru bestimmte in den vergangenen Tagen vor allem die Rückkehr von Tibor Pleiß nach mehr als acht Jahren ohne Länderspiel die Schlagzeilen. Die Erfahrung des zweimaligen Euroleague-Champions auf allerhöchstem Niveau kann dieser insgesamt eher unerfahrenen Mannschaft nur guttun. Auch mit der Nominierung von Dylan Osetkowski war im Vorfeld nicht zu rechnen. Dass der Deutsch-Amerikaner für die beiden Spiele kommt, ist ihm hoch anzurechnen, aber seine Chancen, bei einer erfolgreichen Qualifikation auch im nächsten Sommer im Kader zu stehen, sind aus meiner Sicht sehr überschaubar.
Kochs Nachschlag
Das liegt daran, dass einerseits Nick Weiler-Babb ein anderer eingebürgerter Spieler über bessere Karten verfügt, diesen Spot einzunehmen, und andererseits mit Johannes Voigtmann, Daniel Theis, Moritz Wagner und Oscar da Silva sich vier für dieses Fenster nicht nominierte Olympia-Teilnehmer auf den großen Positionen tummeln. Zudem hat Mumbru schon angekündigt, auch mit Maximilian Kleber und Isaiah Hartenstein sprechen zu wollen. Dessen muss sich auch Pleiß bewusst sein.
Unter Gordon Herbert waren Durchlässigkeit und Fluktuation sehr gering, aber die Nationalmannschaft wurde von den Spielern als attraktiv eingestuft. Der Kanadier hatte bei seinem Amtsantritt „commitment“ für einen Dreijahreszyklus eingefordert. Eine solche Ansage hat sein Nachfolger noch nicht getätigt. Dennoch scheint aufgrund der jüngsten Vergangenheit klar zu sein, dass sich die Spieler frühzeitig positionieren sollten, um ihre Chancen auf große Turniere zu wahren.