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Home/Newscenter/System, Rotation und Kreativspieler: Die DBB-Auswahl lebt von ihrer variablen Struktur

Kochs NachschlagSystem, Rotation und Kreativspieler: Die DBB-Auswahl lebt von ihrer variablen Struktur

28. August 2023
Die deutsche Nationalmannschaft präsentiert sich im Vergleich zur EM in einigen Bereichen des Spiels noch mal eingespielter und besser. Die Rotation ist erst kürzer, dann gezwungenermaßen tiefer. Verbessert werden kann vor allem noch die Entscheidungsfindung in der Crunchtime. Eine erste Analyse.

Die deutsche Nationalmannschaft präsentiert sich im Vergleich zur EM in einigen Bereichen des Spiels noch mal eingespielter und besser. Die Rotation ist erst kürzer, dann gezwungenermaßen tiefer. Verbessert werden kann vor allem noch die Entscheidungsfindung in der Crunchtime. Eine erste Analyse.

Der Gruppensieg und die Zwischenrunde sind der deutschen Mannschaft bei den Weltmeisterschaften in Ostasien bereits sicher. Am Dienstag geht es darum, auch gegen Finnland zu gewinnen (ab 08:30 Uhr hier bei MagentaSport), um mit weißer Weste in die nächste Turnierphase einzuziehen. Edelmetall ist das erklärte Ziel der DBB-Auswahl – so haben es sowohl der Bundestrainer als auch die Spieler formuliert. Die beiden ersten Begegnungen haben bewiesen, dass dieser Anspruch keinesfalls utopisch ist. Nach der Bronzemedaille bei der Heim-EM im vergangenen Jahr wäre dies der nächste Schritt auf dem Weg in die absolute Weltspitze. Das Team von Gordon Herbert schaltete lediglich beim 81:63 gegen Japan in der zweiten Halbzeit nach deutlicher Pausenführung einen Gang zurück, überzeugte aber ansonsten bislang auf sehr hohem Niveau. Mit Australien konnten die Herbert-Schützlinge eine Mannschaft mit 85:82 besiegen, die über Halbfinalpotenzial verfügt.

Die Tatsache, dass dieser Erfolg ohne den an seinem 22. Geburtstag verletzt zuschauenden Franz Wagner gelang, unterstreicht die Qualität der deutschen Mannschaft. Ich möchte jetzt nicht nach vorne blicken und mögliche Konstellationen für die Zwischenrunde durchspielen. Stattdessen möchte ich angesichts der reifen Auftritte meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass Dennis Schröder und Co. auch Finnland schlagen und unbesiegt die Vorrunde überstehen werden. Vor allem möchte ich eine Einschätzung des Status quo auf Grundlage der Eindrücke der Vorbereitung und der ersten beiden Turnierspiele geben.

Das System

Gordon Herbert hat die Verteilung der Minuten und die Aufgaben der Spieler auf dem Feld klar definiert. Im Vergleich zu den kontinentalen Titelkämpfen im vergangenen Jahr als Jonas Wohlfarth-Bottermann startete und somit der zehnte Akteur in der Rotation war, hat sich der Kanadier bei der WM auf neun Spieler festgelegt. Das sollte grundsätzlich auch funktionieren, da immer ein Tag Pause zwischen den Begegnungen ansteht. Das Japan-Spiel machte deutlich, wen der Bundestrainer im Rhythmus haben möchte. Trotz der deutlichen Führung betraten Justus Hollatz, David Krämer und Niels Giffey erst 106 Sekunden vor Spielende das Parkett. Allerdings durften Schröder, Johannes Voigtmann und Daniel Theis komplett im letzten Viertel verschnaufen. In diesem verletzte sich Franz Wagner, der dann gegen Australien pausieren musste. So rückte Isaac Bonga in die Startformation und Giffey in die Rotation. Beide zeigten sich bereit und unterstrichen damit die Tiefe des Teams.

Das System ist strukturiert, aber in doppelter Hinsicht auch variabel. Einerseits sind unterschiedliche Aufstellungen möglich (gegen Japan mit Bonga und Franz Wagner groß auf der Zwei und der Drei, gegen Australien in der Schlussphase klein mit Maodo Lo und Andreas Obst), andererseits genießen die Spieler auch gewisse Freiheiten in der Entscheidungsfindung.

Die Wichtigkeit der Kreativspieler

Damit kommen wir zur Wichtigkeit der Kreativspieler. Hier sehe ich in erster Linie Schröder, Lo und Franz Wagner. Der Small Forward lieferte bis zu seiner Verletzung gegen Japan eine gute Partie. Leider fiel wie schon in der Vorbereitung sein Dreier nicht. Lo war bis zum Spiel gegen Australien das Sorgenkind des Sommers. Dann kehrten in dieser eminent wichtigen Begegnung seine Leichtigkeit und sein Selbstvertrauen zurück. Ob Anklebreaker oder Stepback-Dreier – der Berliner zeigte, dass er neben Franz Wagner und Schröder der Dritte ist, der auf diesem hohen Niveau kreieren kann. Am besten kann es aber Kapitän, der unfassbar guten Basketball spielt. Dadurch, dass Schröder seinen Dreier aktuell so gut trifft, ist seine Penetration noch schwieriger zu verteidigen. Wie er es schaffte, ohne zu überdrehen, gegen Australien offensiv aggressiver zu Werke zu gehen als gegen Japan, war eindrucksvoll. Dazu kam sein defensives Statement. Hatte er beim Auftaktsieg gegen den Gastgeber in diesem Bereich zum Teil nachlässig agiert, meldete er sich gegen das Team vom fünften Kontinent zum Freiwilligendienst gegen Patty Mills. Nachdem der Routinier in unfassbarer Manier die ersten 13 Punkte seines Teams erzielt hatte, klinkte sich Schröder aus der Team-Defense aus und kühlte seinen NBA-Kollegen mit Erfolg ab.

Kochs Nachschlag

Traue ich der deutschen Mannschaft die Medaille zu? Ja, weil sie sich auch durch die personelle Kontinuität eingespielt (das zeigte die Vorbereitung) und gefestigt (das zeigte das Spiel gegen Australien) präsentiert. Die DBB-Auswahl ist stärker als im letzten Sommer. Bonga und Moritz Wagner sind Verstärkungen. Theis wirkt nach seiner Knieoperation und der deshalb fehlenden Spielpraxis überraschend fit – fitter als bei der EM. Stichwort Fitness: Natürlich muss Franz Wagner zurückkommen. Ein weiterer Faktor ist die Entscheidungsfindung in der Crunchtime. Die war bei den bei den Vorbereitungsniederlagen gegen Kanada und die USA zu schwach. Auch gegen Australien kann man Dinge hinterfragen. Aber der Sieg in einem knappen Spiel gegen einen Topkonkurrenten sollte zusätzliches Selbstvertrauen geben.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.