Es war ein großes Stelldichein beim Top Four der NBBL und JBBL am Wochenende in der Ballsporthalle in Frankfurt. Neben den Funktionsträgern aus Verband und Liga wurde jede Menge weitere Basketball-Prominenz gesichtet, stellvertretend seien hier Jaka Lakovic, Thorsten Leibenath, Thomas Stoll, Chris Ensminger, Himar Ojeda, Henning Harnisch, Carlos Frade, Sebastian Machowski, Mladen Drijencic, Luc van Slooten, Steven Key, Alex King, Steffen Hamann, David McCray und Marco Völler genannt. Einerseits ist dieses Namedropping ein Beleg für eine große Neugier, nachdem diese Veranstaltung aufgrund der Pandemie zwei Jahre lang nicht stattfinden konnte, andererseits ist es aber auch ein Indikator für das gewachsene Interesse am deutschen Jugendbasketball, der sich mit seiner Qualität nicht verstecken muss.
Der Spielstil
Vor vier Jahren als ich zum letzten Mal beim Top Four der besten Nachwuchsbasketballer zuschaute, gewann Berlin in der JBBL (U16) den Titel und verzichtete dabei auf jede Art von Blocks, verließ sich komplett auf penetrate and kick. In Frankfurt sah das Bild jetzt anders aus. Mit Ulm und Rostock setzten beide Finalisten auch in dieser Altersstufe schon häufig das pick and roll mit einem Spacing ein, wie wir es aus dem Profibereich kennen. Die meisten Teams bevorzugten einen schnellen und offensiv-orientierten Basketball. In der NBBL (U19), die die letzte Station vor dem Wechsel in den Seniorenbereich darstellt, gab es von zwei Mannschaften sogar mal eine Zonenverteidigung zu sehen. Insgesamt wird aber in Deutschland im Jugendbereich tendenziell weiterhin über das gesamte Feld verteidigt. In der Basketball-Nation Spanien läuft das mittlerweile anders. Dort wird auch schon im Nachwuchs „erwachsen“ verteidigt, sprich den Angreifern ein druckloser Ballvortrag gestattet, um dann die Verteidigungsbemühungen zwischen Mittel- und Dreipunktelinie aufzunehmen.
Auf dem Parkett
In der NBBL war das Halbfinale zwischen Berlin und Ulm ein vorweggenommenes Endspiel. Mit Michael Rataj und Marc Loemba standen zwei Spieler im Kader der Schwaben, die in dieser Saison schon Eurocup-Erfahrung gesammelt hatten. Bei den Albatrossen liefen drei Akteure (Nils Machowski, Elias Rapieque und Rikus Schulte) mit BBL-Spielzeit auf. Am Ende gewannen die Berliner, die sich dann im Finale gegen den Außenseiter YOUNG RASTA DRAGONS klar durchsetzen.
Halbfinale:
ratiopharm ulm – ALBA BERLIN 72:85
FC Bayern München - Young Rasta Dragons 64:68
Finale:
ALBA BERLIN - Young Rasta Dragons 107:64
Die JBBL-Mannschaft von ratiopharm Ulm spielte den aus meiner Sicht besten und attraktivsten Basketball des Top Fours. Nach einem hochklassigen Halbfinale gegen die Metropol YoungStars legten die Ulmer im Endspiel los wie die Feuerwehr und sorgten mit einem 22:2 früh für klare Verhältnisse gegen die ROSTOCK SEAWOLVES. Dennoch wurde diese Begegnung nie langweilig. Das lag an der Tiefe und Qualität des Ulmer Kaders, die ein dauerhaft hohes Tempo zuließen, und an einem ganz besonderen Spieler des Vizemeisters, den ich euch im Nachschlag näher vorstellen werde.
Halbfinale:
ratiopharm ulm – Metropol YoungStars 91:79
Eintracht Frankfurt / Fraport Skyliners - Rostock Seawolves 62:70
Finale:
ratiopharm ulm - Rostock Seawolves 99:85
An der Seitenlinie
Als ehemaliger Trainer verfolge ich natürlich auch die Entwicklung in diesem Bereich. Ich habe immer angemahnt, dass in Deutschland der Übergang vom Jugend- zum Erwachsenentrainer genauso wie vom Assistant zum Head Coach einfacher werden muss. Als ich 2018 beim Top Four in Quakenbrück war, gewann Vladi Bogojevic mit der JBBL von ALBA BERLIN den Titel. Jetzt in Frankfurt sicherte er sich mit der NBBL die Deutsche Meisterschaft, die vor vier Jahren Sebastian Trzcionka in die Hauptstadt geholt hatte. Der 42-Jährige ist mittlerweile Co-Trainer bei den Profis. In Frankfurt trafen die Berliner im Halbfinale auf ratiopharm ulm mit Anton Gavel an der Seitenlinie. Es ist wichtig und gut, dass ehemalige Topspieler, sich in der Nachwuchsarbeit engagieren. Felix Engel ist der breiten Öffentlichkeit noch nicht bekannt. Der Coach der Metropol YoungStars wurde in der JBBL zum Trainer des Jahres gekürt. Ich erwähne ihn, weil ich immer nach interessanten Ansätzen Ausschau halte. Beim JBBL-Pokal, den ich ebenfalls verfolgt habe, gefiel mir sein Aufwärmprogramm ausgesprochen gut. Anstelle der üblichen Standards mit Korblegern etc. pp. hielt er die Warm-up-Zeit altersadäquat kurz und konzentrierte sich auf koordinative Inhalte.
Kochs Nachschlag
Natürlich gab es viele hochtalentierte Akteure in Frankfurt zu beobachten. Aber ich möchte euch einen Namen nennen, bei dem es sich definitiv lohnt, ihn in den nächsten Jahren zu verfolgen: Roy Krupnikas. Der gebürtige Litauer war der alles überragende Spieler in dieser JBBL-Saison (35,6 Punkte, 8,5 Assists und 4,0 Ballgewinne) und stellte seine Klasse auch in Frankfurt unter Beweis. Nach den 30 Punkten im Halbfinale gegen Frankfurt schaffte der Rostocker Guard im Endspiel gegen einen überragenden Champion aus Ulm mit 43 Zählern mehr als die Hälfte der Ausbeute seines Teams. Der 15-Jährige besticht mit der vollen Kontrolle über sein beeindruckendes Skillset. Erfolgreiche Dreipunktewürfe trotz Foul und No-Look-Pässe aus dem Dribbling? Kein Problem! Krupnikas trifft Freiwürfe (13/14 im Halbfinale) wie andere Korbleger und tritt schon mit der Abgeklärtheit eines Profis auf.