Fünf von sechs Playoff-Serien endeten bislang für die Fans mit der Höchststrafe eines 3:0. Jetzt liefern die Telekom Baskets Bonn und der FC Bayern München die Spannung, die diese Postseason bislang vermissen ließ. Nach zwei Münchner Erfolgen am Rhein glichen die Bonner das Duell in der bayrischen Landeshauptstadt aus, so dass es am Mittwochabend zum Showdown im Telekom Dome kommt. Ich möchte die aktuelle Situation aus der Perspektive des favorisierten Euroleague-Teilnehmers beleuchten, der nach zwei Heimniederlagen in Folge Anpassungen vornehmen muss. Anpassungen gegen eine Bonner Mannschaft, die im Laufe der Serie immer mehr Zugriff in einem Aufeinandertreffen gefunden hat, welches der Bonner Trainer Tuomas Iisalo vorab als einen „clash of styles“ bezeichnete. Für seine Mannschaft liefen in München viele Dinge in die richtige Richtung, auch wenn man nicht vergessen darf, dass es zwei knappe Spiele waren, die durch tolle defensive Plays seines Backcourts (Karsten Tadda im dritten und Parker Jackson-Cartwright im vierten Spiel) entschieden wurden.
Wichtige Zahlen des Bonner Personals
Der MVP hat in die Serie gefunden! Nach 12,5 Punkten und 4,0 Ballverlusten in Bonn legte Jackson-Cartwright auswärts 17,5 Punkte bei nur 1,5 Ballverlusten auf. Er setzte seine Geschwindigkeit besser ein und riss deutlich mehr Lücken in der Münchner Verteidigung auf als noch in den ersten beiden Begegnungen. Jeremy Morgan hatte nach seiner Knöchelverletzung erhebliche Probleme, wieder in Tritt zu kommen. In München brillierte er mit 16,5 Punkten, 7,0 Rebounds und einer Dreierquote von 46,7 Prozent. Die Bonner Center Michael Kessens und Leon Kratzer trugen bei den beiden Siegen 16,0 Punkte und 12,5 Rebounds bei. Außerdem machte es sich bezahlt, den 1-1-Scorer Javontae Hawkins als sechsten Mann von der Bank zu bringen.
Wie die Bonner Mismatches kreieren
Es könnte fast konstatiert werden, dass die Bonner in den Playoffs Ludwigsburger Basketball präsentieren. Sie spielen viel 1-1, haben dadurch wenig Assists, aber auch nur wenig Ballverluste, während Sie beim Kontrahenten viele provozieren (20,6 Prozent sind der Bestwert in den Playoffs). Isolationen haben eine große Bedeutung für die Rheinländer, die vor allem Hawkins in solchen Situationen lieben. Und Nationalspieler Andreas Obst ist der Bayern-Verteidiger, den sie diesbezüglich am meisten involvieren wollen. Um dieses Match-up zu erhalten, nutzen die Iisalo-Schützlinge gerne seinen Gegenspieler als Blocksteller, wie wir es hier im Video sehen. Außenspieler switchen normalerweise bei Blocks, und Obst hat gelernt, das Pick and Roll als Gegenspieler des Dribblers – nicht aber des Blockstellers – zu verteidigen. Das machen sich die Bonner zunutze.
Welche Möglichkeiten haben die Bayern?
Sie können wie bisher verteidigen und Hawkins, der noch keinen Assist in der Serie gespielt hat, doppeln. Sie können Obst primär in Phasen spielen, in denen Hawkins auf der Bank sitzt, müssten dafür aber ihre Wechselschemata anpassen. Oder sie ändern ihre Pick-and-Roll-Verteidigung, was aber andere Optionen für Bonn eröffnen würde.
Das Pick and Roll mit PJC
Gegen das Pick and Roll mit Jackson-Cartwright als Ballhandler sahen die Bayern in der ersten Halbzeit des vierten Spiels gut aus, weil Nihad Djedovic es hervorragend hinbekam, über die Blocks zu gehen und sein Big Man so absinkend verteidigen konnte. In der zweiten Halbzeit setzten die Bonner Center deutlich bessere Blocks. In der ersten Szene des folgenden Videos bleibt Djedovic hängen, so dass Leon Radosevic keine andere Möglichkeit als der Switch bleibt. In der zweiten Sequenz blockt Kratzer Djedovic so gut, dass sein Point Guard die Verteidiger splitten kann und Saulius Kulvietis zum Dreier in der Ecke findet. All das führt dazu, dass die Bayern am Ende des Spiels bewusst switchen und PJC seinen Tempovorteil ausspielen kann - wie in der dritten Szene gegen Othello Hunter:
Wenn Kratzer und Kessens Blocks in der Qualität der zweiten Halbzeit setzen, schlüpft Andrea Trinchieri in die Rolle des Hamlets: Switch oder nicht Switch, das ist hier die Frage!
Kochs Nachschlag
Natürlich muss ich auch über die Offensive der Bayern ein paar Gedanken loswerden. In den letzten drei Spielen der Serie trafen die Münchner nur 24,0 Prozent ihrer Dreipunktewürfe (19/79). Ihr Angriff lebt vom Post-up-Spiel, das aber derzeit von den Bonnern durch Doppeln gut bekämpft werden kann. Im folgenden Video sehen wir, wie die Baskets in einer Sequenz gleich zweimal zum Doppeln kommen, zunächst gegen Augustine Rubit auf der einen und dann gegen Vladimir Lucic auf der anderen Seite. Bonn rotiert gut und am Ende vergibt Djedovic den Dreier gegen den Mann. In der zweiten Szene verliert Deshaun Thomas sogar den Ball gegen das Doubleteam. Besseres Spacing, gute Ballbewegung und eine stärkere Dreierquote sind essentiell für die Bayern.