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Home/Newscenter/Fragen und Antworten: Der Crailsheimer Wandel, der Braunschweiger Mix und die Jünglinge Hundt und Herrera

Kochs NachschlagFragen und Antworten: Der Crailsheimer Wandel, der Braunschweiger Mix und die Jünglinge Hundt und Herrera

25. Oktober 2019
Zum ersten Mal in dieser Saison heißt das Motto des Nachschlags „Fragen und Antworten“. Besten Dunk für eure Fragen, aus denen ich die vier rausgesucht habe, die ich am interessantesten fand und die am häufigsten von Euch thematisiert wurden.

– Stefan Koch

Zum ersten Mal in dieser Saison heißt das Motto des Nachschlags „Fragen und Antworten“. Besten Dunk für eure Fragen, aus denen ich die vier rausgesucht habe, die ich am interessantesten fand und die am häufigsten von Euch thematisiert wurden.

Welcher 21-Jährige überrascht Dich mehr: Göttingens Bennet Hundt als bester Assistgeber der Liga oder Sebastian Herrera als effektivster Spieler des Überraschungszweiten Crailsheim?

Beide überraschen mich wirklich positiv. Aber um die Frage zu beantworten: Seba Herrera noch mehr als Bennet Hundt.

Bei dem gebürtigen Berliner Hundt hatte ich eine Vorstellung, was er zu leisten im Stande ist. Ich habe ihn als Jugendnationalspieler und bei seinen Einsätzen mit den Albatrossen verfolgt. Mir war bewusst, dass er seine geringe Körpergröße mit einem hohen Maß an physischer und mentaler Toughness ausgleichen kann. Der Linkshänder ist von seiner Einstellung her der Traum eines jeden Coaches. Ich hätte aber nicht erwartet, dass es so herausragend für ihn in Göttingen laufen würde. Er ist im Moment der wichtigste Spieler bei den Niedersachsen (Video).

Herrera ist ein Basketballer, der vor dieser Saison unter dem Radar - auch meinem persönlichen - flog. Okay: chilenischer Nationalspieler, aber in seiner ersten Saison im Oberhaus war er eher unauffällig unterwegs gewesen. Der 21-Jährige war 2018/19 noch als reiner Shooter abgestempelt, aber aktuell zeigt er, wie viel mehr er auf dem Kasten hatten. Herrera attackiert den Korb auch mit seiner vermeintlich schwächeren linken Hand effektiv. Dazu kommt seine Steigerung in der Verteidigung, wo er sowohl im 1-1 als auch in der Teamdefense im Vergleich zur Vorsaison draufgepackt hat. Das alles spricht für harte Arbeit im Sommer. Seine Berufung zum Kapitän zeigt, welche Bedeutung er für Headcoach Tuomas Iisalo schon hat.

Hundt und Herrera sind talentierte Spieler, aber ihr Charakter und ihre Mentalität sind noch bemerkenswerter.

Wie schätzt Du Braunschweigs Mischung aus Veteranen und jungen deutschen Spielern nach den ersten Spielen ein?

Braunschweigs Team macht Spaß! So wie die Mannschaft bislang gespielt hat (3-1 in der Liga und dazu der Achtelfinalsieg im Pokal gegen Ludwigsburg), verfügt sie über Playoff-Potenzial.

Zur Mischung: Mit Scott Eatherton (Video) steht auf der Veteranenseite ein konstanter Performer, der starke Zahlen auflegt. Der Center ist der beste und wichtigste Spieler, aber aufgrund seines ruhigen Naturells fordert er keine große Aufmerksamkeit, was dem Team von Pete Strobl sehr guttut. Trevor Releford hat mich schon beim MBC beeindruckt. Der neue Point Guard spielt sehr abgeklärt und ist sich auch nicht zu schade, in der Verteidigung seinen Job zu verrichten. Seine Playmaking-Qualitäten entlasten ohne Frage Thomas Klepeisz, der für mich der dritte wichtige Veteran der Löwen ist. Der Österreicher ist ein gutes Vorbild für die jungen Deutschen, weil er sich über Arbeit stetig verbessert hat und ihnen auch als Ansprechpartner in der Muttersprache zur Verfügung stehen kann.

Kommen wir zu den jungen Spielern: Der gebürtige Braunschweiger Lars Lagerpusch ist das Eigengewächs, wird aber auch mittelfristig wohl nicht über eine kleine Rolle hinauskommen. Lukas Wank und Garai Zeeb sind Konkurrenten auf der Guardposition. Bislang traten beide solide auf und standen zusammen mehr als 30 Minuten pro Partie auf dem Parkett. Das ist mehr als ich erwartet habe.

Die Kronjuwelen heißen aber Kostja Mushidi und Nationalspieler Karim Jallow. Mushidi füllt die Rolle des Scorers von der Bank exzellent aus und markiert im Schnitt 13 Zähler in 17 Minuten. Diese Aufgabe scheint ihm zu liegen. Obwohl er vom Talentlevel her ein Starter gewesen wäre, wurde er teilweise schon in den Jugendnationalmannschaften so eingesetzt. Dazu kommt, dass er für einen Guard exzellent reboundet und keine Angst vor großen Würfen hat, was sein Dagger-Dreier zum 90:86 zehn Sekunden vor dem Ende gegen Ulm wieder mal zeigte (Video).

Mushidi kann genauso wie Karim Jallow ein Leistungsträger werden … im Prinzip sind es beide schon, es fehlt noch die Bestätigung über einen längeren Zeitraum. Jallow wirft 50 Prozent aus dem Feld und schafft es mit seiner Athletik immer wieder, an die Freiwurflinie zu kommen. Der 22-Jährige ist vielseitig und kann trotz nur 1,98 Metern in einer Smallball-Formation auch den Power Forward geben.

In einem Satz: Die Braunschweiger Mischung gefällt mir ausgesprochen gut!

Wie viel Geduld sollte Ulm mit Killian Hayes haben und was wären die Alternativen während der Saison?

Ich denke, das hier reicht als Antwort: klick!

Kochs Nachschlag

Ist Crailsheim wirklich richtig gut oder sorgt für den zweiten Tabellenplatz vor allem das leichte Auftaktprogramm mit Gießen, Bayreuth, Bonn und Göttingen?

Ich schließe mit dieser Frage, weil es die ist, die mir aktuell mit Abstand am häufigsten gestellt wird. Sicherlich war das Crailsheimer Auftaktprogramm nicht sonderlich schwer, aber die Art und Weise wie die Mannschaft aufgetreten ist, hat mir imponiert. Wer das anders sieht, dem empfehle ich die Zusammenfassung des 114:82-Sieges in Bonn (Video).

Die Merlins demonstrieren guten Teambasketball mit uneigennützigem Passspiel. Natürlich nimmt Crailsheim extrem viele Dreier, was die Frage aufwirft, was passieren wird, wenn die Quoten Richtung Süden tendieren. Aber die Mannschaft hat noch andere Anker. Neben der Tatsache, dass die Merlins mit durchschnittlich 97,0 Zählern ligaweit die meisten Punkte auflegen, sind sie derzeit die Nummer 1 bei den Steals und die Nummer 2 bei den offensiven Rebounds. Der Paradigmenwechsel zeigt Wirkung. Diese hochfunktionale und hungrige Mannschaft ist für mich näher an den Playoffs als am Abstiegskampf.

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.