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Home/Newscenter/„Ich wollte schon immer in Ulm spielen“ - Bogdan Radosavljevic in der OrangeZone über seine Karriere

Gesichter der Liga„Ich wollte schon immer in Ulm spielen“ - Bogdan Radosavljevic in der OrangeZone über seine Karriere

27. März 2019
Nur wenige Spieler haben mit 25 Jahren bereits erlebt, was Bogdan Radosavljevic erlebt hat. Im Interview spricht „Boggy“ über seine Jugend zwischen Serbien und Deutschland, Kuchenverbote für Vlade Divac, den Wandel der Center-Position und das Positive an der verletzungsgeplagten ersten Ulmer Saisonhälfte.

– Joshua Wiedmann

Nur wenige Spieler haben mit 25 Jahren bereits erlebt, was Bogdan Radosavljevic erlebt hat. Im Interview spricht „Boggy“ über seine Jugend zwischen Serbien und Deutschland, Kuchenverbote für Vlade Divac, den Wandel der Center-Position und das Positive an der verletzungsgeplagten ersten Ulmer Saisonhälfte.

Boggy, wie viele böse Nachrichten hast du diese Saison innerhalb der Liga an Freunde und ehemalige Mitspieler verschickt?

Radosavljevic: (schaut erst verwundert, fängt dann aber bald an zu schmunzeln) 

Bei MagentaSport lief dieser Clip, in dem andere BBL-Profis deinen Nachnamen buchstabieren sollten – mit überschaubarem Erfolg.

Radosavljevic: Da gab es schon böse Nachrichten. Viele von denen kenne ich gut: Mahir Agva, Basti Doreth, Niels Giffey. Das sind Leute, die meinen Namen eigentlich kennen sollten. Bezeichnend war: Der einzige, der es auf Anhieb richtig hatte, war David McCray – den kannte ich da gerade drei Wochen.

Du giltst selbst als Spaßvogel. Teilst du auch mal Sprüche aus?

Radosavljevic: Auf jeden Fall. Ich fand das mit meinem Namen ja auch selbst lustig. Ich mag es, Spaß zu haben – und ich verarsche andere Leute gern. Für solche Sachen braucht es in jedem Team jemanden, das ist gut für die Stimmung. Aber so muss man von Natur aus sein, sonst wird das nicht funktionieren.

Um auf deinen Namen zurückzukommen: Du bist in Serbien geboren und hast deine ersten knapp 15 Lebensjahre dort verbracht. Im Jahr 2000 ist dann zunächst dein Vater hierher gezogen. Gab es davor überhaupt irgendwelche Verbindungen nach Deutschland?

Radosavljevic: Nein, null. Ich hatte bis dahin niemanden hier. Meine Eltern sind getrennt, seit ich drei Jahre alt war. Ich habe von da an bei meiner Mutter in Serbien gelebt, aber meinen Papa jeden Sommer hier in Deutschland besucht. Irgendwann haben sich meine Eltern darauf geeinigt, dass ich dauerhaft zu ihm nach Deutschland ziehe. In Serbien gab es damals für Jugendliche einfach keine Perspektive.

Dein Papa Zoran war selbst Profi-Basketballer, hat viele Jahre in der serbischen Liga gespielt und später in Deutschland als Trainer gearbeitet. Gab es für dich sportlich jemals eine andere Option als Basketball?

Radosavljevic: Mit dem Hintergrund? Nicht wirklich. Aber was wenige wissen: Ich habe früher – so mit 11, 12, 13 Jahren – Latein getanzt neben dem Basketball. Bachata und so. Ich war sogar serbischer Meister. Ich habe die Urkunde immer noch irgendwo in Serbien. Ich muss die mal abfotografieren, weil mir das keiner glaubt. (lacht) Nebenher habe ich auch noch geboxt. In diesen zwei Sachen war ich gut, und eben im Basketball. Irgendwann bin ich dann so groß geworden, dass klar war: Das wird nichts mit dem Tanzen.

In Serbien gab es für mich keine Perspektive.

Bogdan Radosavljevic

Hast du vom Tanz trotzdem etwas mitnehmen können für deine Basketball-Karriere?

Radosavljevic: Fußarbeit – und zwar richtig viel. Beim Bachata oder ChaChaCha ist Fußarbeit das A und O, genauso wie im Basketball. Du musst koordinativ gut unterwegs sein, sonst hast du keine Chance.

Stimmt es, dass dein Papa mit NBA-Legende Vlade Didac zusammen die Schulbank gedrückt hat?

Radosavljevic: Die haben später sogar zusammen gespielt. Zu Vlade gibt es eine witzige Geschichte: Bei uns in der Stadt – die war relativ klein – gab es viele Süßwarenläden und Vlade hat dort ständig einen gewissen Kuchen gekauft. Im Laufe der Zeit ist er davon richtig dick geworden. Also hat man sich abgesprochen, ihm keinen Kuchen mehr zu verkaufen. Jeder in der Stadt wusste: ‚Wenn Vlade in den Laden kommt, gebt ihm nichts Süßes!’      

Zurück zu dir: Du kommst also mit knapp 15 Jahren nach Deutschland – mitten in der Pubertät, ohne die deutsche Sprache zu sprechen. War es so schwierig, wie es klingt?

Radosavljevic: Es war nicht ohne, ja. Ich muss sagen: Da hat meine deutsche Stiefmama eine große Rolle gespielt. Sie war es, die mir mein Visum besorgt hat, denn mein Papa durfte das nicht – er hatte selbst keinen deutschen Pass. Und als ich dann hier war, hat sie mich jeden Tag mit Deutsch gequält nach der Schule. Ich war in einer Übergangsklasse, also einer Klasse mit 50 Kindern, die alle kein Deutsch sprachen. Lustig war: Nach vier, fünf Monaten in dieser Klasse habe ich angefangen, Lehrer zu spielen und unserer Klassenlehrerin geholfen, den anderen Deutsch beizubringen. Ich habe richtig schnell gelernt und bin bereits nach sieben Monaten mit einem Schnitt von 2,2 auf eine Realschule gekommen.

Und all das ohne Deutsch-Vorkenntnisse?

Radosavljevic: Komplett ohne. Als ich nach Deutschland gekommen bin, konnte ich genau zwei Dinge sagen: ‚Tschüss’ und ‚zwei für eins’. Mein Papa hatte mich mit elf Jahren mal hier in Deutschland in einen Laden geschickt: Ich sollte zwei Ein-Euro-Stücke in ein Zwei-Euro-Stück wechseln. Zwei für eins eben. Das ist hängen geblieben. (lacht) 

Auch sportlich hast du schnell Fortschritte gemacht und bist 2010 bereits vom DBB in den U17-Kader berufen worden. Der serbische Verband hat daraufhin eine Sperre gegen dich erwirkt. Wie hast du das erlebt?

Radosavljevic: Damals gab es in Hamburg die erste U17-Weltmeisterschaft. Dirk Bauermann hat alles probiert, damit ich so schnell wie möglich einen deutschen Pass erhalte. Allerdings habe ich für die WM auch eine Einladung vom serbischen Verband bekommen. Die wollten mich auch unbedingt. Das Ding war: Ich war hier auf der Schule, habe hier gelebt – wie sollte ich für Serbien spielen? Ich habe dann von der FIBA Post bekommen, in der stand, dass mich der serbische Verband sperrt. Wir haben das noch gedreht bekommen, aber es war total unnötig. Ich war kein 30-jähriger Profi, sondern ein Kind, das bei seinem Papa in der Oberliga-Mannschaft gespielt hat. Wir hatten mit dem DBB dann vor der WM ein Testspiel gegen Serbien, in dem ich 30 Punkte gemacht habe. (schmunzelt)

Viele junge Spieler gehen verloren, weil sie den Unterschied zwischen Geld und Spielpraxis nicht erkennen.

Bogdan Radosavljevic

Du hast gerade schon Dirk Bauermann angesprochen: Er war es auch, der dich 2010 nach München geholt hat, als dort gerade das Projekt Bundesliga-Aufstieg begann. Wie war das, als 17-Jähriger unter dem erfolgreichsten deutschen Coach aller Zeiten?

Radosavljevic: Das war schon interessant. Ich erinnere mich noch: Das erste Treffen mit ihm war am Finaltag bei der U17-WM. Ich saß mit meinem Team in der Halle, um das Spiel anzuschauen, und dann kam Dirk auf mich zu. Da haben die Jungs alle große Augen gemacht. Dirk meinte: ‚Wir starten da was in der 2. Liga, willst du da mitmachen?’ Natürlich wollte ich. Wer würde da Nein sagen, wenn du mit Spielern wie Hamann, Garrett, Maras oder Nadjfeji zusammen spielen kannst?   

War es schwierig, als Teenager seinen Platz zwischen all diesen Stars zu finden?

Radosavljevic: Klar war das schwierig. Bei so einem Projekt wie dem FC Bayern damals ist es wichtig, dass du um jeden Preis aufsteigst. Die jungen Spieler sind da die Leidtragenden, weil sie nur die Garbage Time bekommen. So war es bei mir auch. Aber sportlich mit all diesen Spielern – das war ein Traum für mich.

2012 folgte auf Bauermann dann die nächste Trainer-Legende in München: Svetislav Pesic.

Radosavljevic: Für mich hat sich damals im Prinzip nicht viel geändert. Ich habe noch in der Regionalliga und der NBBL gespielt, mit denen war ich mehr unterwegs. In der Bundesliga habe ich eigentlich kaum gespielt. Das ist so eine Sache, bei der ich mir jetzt im Nachhinein sage: Vielleicht hätte ich nach dem zweiten Jahr München gehen sollen – einfach, um mehr zu spielen.

Beim Klick auf das Bild gibt es das Spielerprofil von "Boggy".

Der dritte große Trainer in deiner Karriere war die letzten beiden Jahre Coach Aito in Berlin. Über ihn hast du im „Tagesspiegel“gesagt: „Er lehrt dich Dinge, die du noch nie gemacht hast.“ Welche waren das?

Radosavljevic: Das waren viele Details. Diesen Aito-Basketball gab es davor in Deutschland nicht: Dass du keine 40 Systeme hast, sondern zwei, drei Hauptspielzüge, in denen es dann Ausstiege gibt, die du selber finden musst. Das ist ein intelligenter Basketball, den du richtig lesen musst. In den ersten zwei, drei Wochen mit ihm war das für alle ein bisschen komisch. Wir dachten uns nur: ‚Was macht der alte Mann da? Das wird nie funktionieren!’ Nach und nach haben wir angefangen, seinen Stil zu verstehen und sind immer besser geworden. Und ganz klar: Der Basketball von Aito ist für mich der schönste in Deutschland.  

Eine Station haben wir nun übersprungen: Tübingen. Würdest du mitgehen bei der Aussage, dass das die wichtigste Station deiner Karriere war?

Radosavljevic: Auf jeden Fall. Ich hätte 2016 auch schon nach Berlin gehen können. Ich musste dann abwägen: Auf der einen Seite ein großer Name und mehr Geld, auf der anderen Seite, in Tübingen, Spielpraxis. Ich sehe das heute oft: Viele junge Spieler gehen verloren, weil sie diesen Unterschied nicht erkennen. Ich hatte damals das Glück, dass ich Sasa Nadjfeji hatte. Er ist damals auch von München nach Tübingen gewechselt. Sasa hat mich so ein wenig in die Richtung gepusht und mir erklärt, wieso es besser ist nach Tübingen zu gehen. Und es war die richtige Entscheidung, denn in Tübingen musste ich Verantwortung tragen.

Wir dachten uns alle nur: ‚Was macht der alte Mann da?

Bogdan Radosavljevic

Du hast auch deine Frau in Tübingen kennengelernt, zusammen habt ihr einen kleinen Sohn. Wie schwierig war – besonders mit einer Familie – das letzte halbe Jahr, das mit dem Wechsel nach Ludwigsburg begann und schon im Oktober den nächsten Umzug parat hielt? 

Radosavljevic: Ich muss sagen: Für mich war es nicht schwierig, weil ich im Prinzip nichts gemacht habe. Um alles, was zu tun war, hat sich meine Frau mit ihrem Papa gekümmert. Als der Wechsel nach Ulm feststand, hatten wir noch ein Spiel in Berlin. Meine Frau hat also in zwei Tagen ganz allein die Wohnung geputzt und ausgeräumt. Ich weiß:  Für eine Spielerfrau ist das unglaublich schwer mit den vielen Umzügen, aber sie ist ein großer Rückhalt. Ich musste dann nur noch mit Ismet nach Ludwigsburg fahren und alles einladen.  

Du bist jetzt gute vier Monate in Ulm. War der Wechsel die richtige Entscheidung?

Radosavljevic: Auf jeden Fall. Ich wollte schon früher nach Ulm kommen, eigentlich wollte ich schon immer hier spielen. Ich hatte die letzten Sommer immer wieder Gespräche mit Thorsten, aber es hat nie geklappt. Jetzt bin ich hier und ich denke auch, dass ich angekommen bin. Ich glaube, es läuft für alle gut. Wir spielen in den letzten zwei, drei Monaten richtig guten Basketball. Ich finde auch: Wir sind durch die vielen Verletzungen, die wir hatten, enger zusammengerückt. Isaac, Katin, Per, Pat – die waren oder sind alle noch verletzt. Und wir hatten trotzdem keinen Einbruch. Wenn du solche Verluste kompensieren kannst, bist auf einem guten Weg.

Wir haben vorher schon über die Coaches in deiner Karriere gesprochen. Was macht Thorsten Leibenath aus?

Radosavljevic: Er kann einfach gut mit Spielern umgehen. Es gibt Trainer, die kommen ins Training, und mit denen kannst du zwei Stunden nicht reden. Die ziehen ihr Ding durch. Thorsten ist nicht so. Mit ihm kannst über alles sprechen. Und er weiß gut zu trennen, wann es Arbeit und wann es Spaß ist. Du brauchst als Profi einen gewissen Druck, aber du musst auch abschalten können. Diese Balance schafft er sehr gut. Er ist menschlich sehr angenehm, und ich glaube, dass deswegen inzwischen viele große Namen nach Ulm kommen.

Auf deiner Position hat sich über die Jahre viel getan. In der BBL sind kleine, agile Center heute en vogue, „Sevenfooter“ wie du dagegen seltener. Spürst du da eine Veränderung, wie Clubs dich wahrnehmen?

Radosavljevic: Ja, keine Frage. Auch in Europa: Wo gibt es denn da noch klassische Brettcenter? Mir fallen auf die Schnelle bei den Topteams nur zwei ein: Tavares in Madrid und Tomic in Barcelona. Alles andere sind dünne Überflieger, die den Ball unter der Hallendecke fangen können. Solche Spieler sind heute gefragt, und das merkt man sehr.

Wegen Thorsten kommen so viele große Namen nach Ulm.

Bogdan Radosavljevic

Was hat sich auf dem Feld verändert? Welche Skills werden von dir heute mehr gefordert als früher?

Radosavljevic: Die Pick-and-Roll-Verteidigung ist ein großer Bestandteil im Basketball geworden. Du musst als Center heute extrem schnell auf den Füßen sein. Allgemein ist der Basketball sehr schnell geworden. Es geht ständig rauf und runter: Blocken-abrollen, blocken-abrollen – ohne dass du nur einmal den Ball bekommst. Das ist anders als vor zehn Jahren.

Zum Abschluss: Du hast insgesamt sieben A-Länderspiele gemacht, das letzte im Sommer 2017. Hast du die Nationalmannschaft noch im Hinterkopf?

Radosavljevic: Definitiv. Das richtig Gute für Deutschland und Schlechte für mich ist, dass wir auf den Positionen vier und fünf sehr gut besetzt sind. Maxi, Tibor, Daniel, Joe Voigtmann: So gut waren wir auf den großen Positionen noch nie. Da ist es verständlich, dass ich nicht jeden Sommer eingeladen werde. Aber wenn der Anruf kommt, bin ich bereit.

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