– Stefan Koch
Zum zweiten Mal in dieser Saison heißt das Motto des Nachschlags „Fragen und Antworten“. Vielen Dank für eure Einsendungen, aus denen die Kollegen der easyCredit Basketball Bundesliga eine Vorauswahl getroffen haben. Final haben wir uns dann auf folgende Fragen geeinigt:
Was muss im dritten Halbfinale bei Vechta und Oldenburg perfekt laufen, damit es für einen Sieg reicht?
Für Vechta muss deutlich mehr zusammenkommen als für Oldenburg, um am Wochenende zu gewinnen. Die Calles-Schützlinge treten auswärts an und sind von der Papierform her deutlicher unterlegen als der Hauptrundenzweite. Für Vechta ist es wichtig, ähnlich stark zu rebounden wie am Dienstag. Gegen Bamberg war Austin Hollins kaum zu stoppen: Über den Block kommen, fangen und werfen war quasi eine Bewegung. Die Bayern haben seine Kreise deutlich eingeengt, aber RASTA braucht ihn unbedingt als starken Scorer. Als Team muss Vechta ungefähr 15 Dreier treffen. In der Halbfeld-Offense war es zuletzt zu viel Pick-and-Roll mit T.J. Bray und dem Center. Defensiv sollten die Niedersachsen ihre Run-and-Jump-Defense vor allem dann einsetzen, wenn Stefan Jovic nicht auf dem Feld ist. Mit seiner Länge, Ruhe und Übersicht findet der Serbe in der Regel die Lösung. Die starken Münchner Post-up-Spieler sollte der Aufsteiger konsequent doppeln, auch wenn das Risiko hoch ist, Dreipunktewürfe zu kassieren. Vechta muss Risiken eingehen!
Für Oldenburg gilt es in erster Linie, offensiv den Schalter umzulegen. Am Mittwoch gelangen dem besten Angriff der Hauptrunde nur 68 Punkte. Will Cummings, Rickey Paulding, Nathan Boothe und Rasid Mahalbasic zeichneten für 26 der 28 Feldkörbe verantwortlich. Mit einer Vier-Mann-Offensive schlägt man kein tiefes Team wie Berlin, zumal die Hauptstädter auch im Bereich Intensität bislang die Nase vorn haben. Pick-and-Roll ist auf beiden Seiten des Feldes ein Thema für die Mannschaft von Mladen Drijencic. Defensiv müssen Lösungen her, wenn ALBA konstant Mahalbasic als Verteidiger des Blockstellers attackiert, und offensiv muss ein Vorteil erspielt werden, wenn Berlin einen dritten Verteidiger Richtung Ball beordert. Cummings muss bei seiner Penetration selektiver vorgehen. Für ihn dürfte es aber kaum leichter werden, da Derrick Walton ein größerer Faktor als am Mittwoch sein sollte.
Wie siehst Du die Chancen, dass Vechta Team und Trainerstab in weiten Teilen zusammenhält?
Die Chancen sind gering. Die Laufzeiten der Spielerverträge sind mir nicht bekannt, aber man sollte davon ausgehen, dass bei den Amerikanern tendenziell eher kurzzeitige Verträge vergeben wurden. So steht zu erwarten, dass die tragenden Säulen T.J. Bray (manche Internetportale haben schon die Unterzeichnung eines Zweijahresvertrages in München gemeldet), Austin Hollins und Seth Hinrichs (der angeblich einen deutschen Pass bekommen soll) nicht zu halten sein dürften. Pedro Calles‘ Arbeitspapier läuft noch eine weitere Saison. Wenn andere Clubs eine entsprechende Ablösesumme anbieten, könnte ich mir vorstellen, dass Geschäftsführer Stefan Niemeyer zumindest darüber nachdenkt. Die Zukunft von Co-Trainer Miguel Zapata ist direkt mit seinem Headcoach verknüpft, da er weder Deutsch noch Englisch spricht.
Welchen Spieler würdest Du in der nächsten Saison gerne in einem anderen BBL-Team sehen?
Tyrese Rice. Auch wenn sein Abschied aus Bamberg noch nicht offiziell vermeldet wurde, so scheint es angesichts der angekündigten Neuausrichtung bei den Oberfranken doch wahrscheinlich. Ich würde Tyrese liebend gerne weiter in unserer Liga sehen. Er ist ein fantastischer Basketballer, bei dem das Zuschauen aufgrund seiner Kreativität extreme Freude bereitet. Ich gebe zu, dass ich bei diesem Spieler voreingenommen bin, da ich ihn 2010/11 selbst coachen durfte. Ein weiterer Akteur, der wahrscheinlich seinen Club BG Göttingen verlässt, ist Michael Stockton. Auch bei ihm wäre ein Verbleib in Deutschland eine Bereicherung. Ich mag seine Einstellung, die er mit jeder Geste und jeder Faser seines Körpers transportiert.
Wenn Du einen Wunsch frei hättest: Welche Basketballregel würdest Du abschaffen?
Die Wahlmöglichkeit, nach einer Auszeit in den letzten beiden Minuten im Vorfeld einwerfen zu dürfen! Das ist ungerecht. Wenn eine Mannschaft zwei Sekunden vor Schluss mit einem Punkt in Führung geht, hat sie 39 Minuten und 58 Sekunden hart für diesen Vorsprung gearbeitet. Unter normalen Umständen hat sie auch das Spiel gewonnen. Mit der Chance, durch eine Auszeit im Vorfeld einwerfen zu dürfen, erhält der Kontrahent einen aus meiner Sicht nicht zu rechtfertigenden Vorteil.
Kochs Nachschlag: Was macht Stefan Koch, wenn er nicht an Basketball denkt?
Früher hätte ich die Gegenfrage gestellt: Gibt es überhaupt noch etwas anderes? Mittlerweile ist es so, dass ich versuche zu lesen, ab und an mit meinem maroden Körper Rad zu fahren und natürlich möglichst viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
Zur Person
Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.